06:43
Ulrich Ende: Ich denke, an dieser Stelle, wo wir dieses Gespräch miteinander führen, muss man zwei Sachen unterscheiden, wenn wir von der Krise möglicherweise der Zeitungen reden – wohlgemerkt das mag ich auch nicht, wir reden von Herausforderungen, von einem veränderten Markt und das sage ich ganz betont deswegen, weil ich auch dafür werben möchte, dass wir als Journalisten nicht selber an dem Ast sägen, auf dem wir alle miteinander sitzen.
Jeder Verlust im Zeitungsmarkt ist ein Verlust für uns alle letzten Endes. Weil ein Verlust der Vielfalt. Und wir müssen uns aber damit auseinandersetzen, wie wir das auch in den Vereinigten Staaten sehen, dass das Print-Medium in Schwierigkeiten gerät. Das ist eine Geschichte, die hat sich im Laufe der Industrialisierung … wie auch immer, gibt es diese Geschichten immer wieder. Jetzt betrifft es unser Medium. Im übrigen nicht zum ersten Mal. Beim Fernsehen hat man das auch gesagt. Beim Radio hat man das ebenfalls gesagt.
Bei der Einführung des Privatfernsehens hat man gesagt, jetzt sterben die anderen alle. Irgendeiner stirbt immer und hinterher lebt er dann doch noch. Das ist aber nur der Kreativität zu verdanken, dass alles weiterbesteht und in anderer Form besteht, deswegen, weil man die Vielfalt zulässt.
Also, wovon ich nichts halte, um bei der Financial Times Deutschland anzusetzen, das ist, wenn man in ein solches Projekt permanent Geld investiert, bis irgendwann der Tag kommt, ob er nun schnell kommt oder später kommt, wo man sagen muss o.k., das halten wir nicht mehr durch, das ist wirtschaftlich unsinnig. Ich denke, das ist die Frage, die sich immer wieder stellt und ich bin der festen Überzeugung, dass Marktwirtschaft in der Form ein sehr gutes Korrektiv ist. Dem haben wir uns auch zu stellen.
Deswegen wird auch jetzt bei der dapd die Wirtschaftlichkeit eine große Rolle spielen. Wir haben Investoren – ja. Aber ich habe auch gesagt, wir haben auf diese Weise in der Tat working capital, um am Anfang auch Dellen, die es geben wird, aufzufangen, aber in the long run, muss sich das Unternehmen selber tragen. Und das ist auch der Anspruch, den jeder Journalist haben sollte. Er muss selber dafür sorgen, dass sein Produkt, was er jeden Tag herstellt, dass das im Markt akzeptiert ist. Wenn das nicht so ist, dann gibt es das Produkt nicht.
Also, das ist die Botschaft, die, glaube ich, auch sehr wichtig ist und die jeder einzelne für sich jeden Tag zu prüfen hat, bei dem was er tut. Da kann ich niemanden aus dieser Verantwortung entlassen. Den anderen Weg zu gehen, sich gerade als Journalist darauf zu verlassen, dass man alimentiert wird über einen längeren Zeitraum, das halte ich für einen sehr mutigen Ansatz letzten Endes von den Kollegen, denn wir sind letzten Endes diejenigen, die genau so etwas in anderen Industriebereichen permanent anprangern und diese Fehlentwicklung permanent auch der geneigten Leser- oder Hörerschaft sozusagen offerieren und auf diese Fehler hinweisen. An der Stelle sollten wir immer vor der eigenen Tür auch kehren. Deswegen ein klares Bekenntnis dazu: Ja, Kreativität und ein auch engagierter Journalismus in dem Rahmen, in dem es möglich ist. Und wenn daraus mehr wird, dann ist es gut, dann hat man Erfolg gehabt. Wenn es nicht möglich ist, dann muss man an der Stelle, ich habe es an anderer Stelle auch schon gesagt, voller Demut einen Rückzieher machen. Das ist eine ganz einfache Kiste.
10:13
Jörg Wagner: Es wird ja immer sehr heiß diskutiert, inwieweit man Journalismus genauso vermarkten kann, wie Schrauben oder Autos oder Mode. pitstop und Adlermoden waren ja … gehörten zum Portfolio der alten dapd. Können Sie für sich ausschließen, dass Sie aus solch einem Streubesitz die dapd weiterführen?
10:34
Ulrich Ende: Nein, kann ich nicht ausschließen, aber im Moment ist so, wir haben keine strategischen Finanzinvestoren und ich wüsste auch nicht, warum wir welche haben sollten. Für uns ist in der derzeitigen Situation viel wichtiger, dass wir strategische Investoren haben und die haben wir auch.
Also, das heißt, Verlage, die in der Form … also mittelständische Verlage, hauptsächlich in fachspezifischen Bereichen, wie Medizin, Wissenschaft etc. Das sind ja sehr wohl auch sehr profitable Umfelder. Und wenn dort eben halt die entsprechenden Wünsche entstehen, dass, was dort an Inhalten vorhanden ist, auch auf diesen Distributionsweg “Agentur” zu geben, dann ist das ja ein ganz klares Ziel.
Und das ist ein strategischer Partner dann, der in der Form dann eben halt auch mit Geld einsteigt. Und dabei kann man sich sicher fühlen, weil die inhaltliche Kompetenz der Agentur mit solchen Investoren gestärkt wird. Das ist es im eigentlichen Sinne, dass, was wir an Investoren im Moment gewonnen haben und wir bewegen uns – noch einmal – etwa in einem Bereich von vier Millionen. Damit ist auch klar ausgesagt, selbst wenn es nur einer wäre, das ist für einen Finanzinvestor viel zu wenig Geld und uninteressant, so dass man auch da – und auch davon können Sie mit Ihrer eigenen Erfahrung selbstverständlich ausgehen und dafür reicht das Beurteilungsvergnügen sicherlich von allen auch Kollegen aus – dass damit auch klar ausgesagt ist, dass es sich hier nicht um Finanzinvestoren in der bekannten Form handelt, sondern nur um strategische Investoren.
12:12
Jörg Wagner: Wann werden Sie die finanzkräftigen Menschen im Hintergrund öffentlich machen?
12:16
Ulrich Ende: Noch einmal, da möchte ich auch darauf hinweisen, der eine oder andere ist gar nicht so finanzkräftig, sondern der glaubt an die Sache und investiert – zum Beispiel in einem Fall kann ich das sagen, einfach 200.000, um eben halt sich in der Form zu platzieren. Das ist ein strategisches Invest und der erwartet dementsprechend auch unternehmerische Leistungen dafür. Und die anderen, die dort eben halt 500.000 bis 600.000 sozusagen in das Unternehmen einbringen, erwarten ähnliches. Und insofern lege ich mehr Wert darauf, dass es sich um erfolgreiche Unternehmer handelt, die mit uns Erfolg haben wollen, als dass ich Wert darauf lege, dass die finanzkräftig sind. Das ist Teil teilweise des operativen Kapitals.