Merkel, Angela

Dr. Angela Merkel | Foto: © Jörg Wagner
Dr. Angela Merkel | Foto: © Jörg Wagner

„Wenn keiner vorangeht, gibt es eigentlich auch fast nie eine Lösung“

Wer: Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin, CDU-Vorsitzende
Was: Medienpolitische Grundsatzrede zur 10. CDU MediaNight
Wo: Berlin, CDU-Parteizentrale
Wan: 14.05.2013, ca. 19:35 Uhr



(Wörtliches Protokoll)

00:00

Ich begrüße Sie alle recht herzlich, auch Sie, die Sie hier den Saal schon füllen und die Sie auf den verschiedenen Etagen sich aufgestellt haben. Wir freuen uns heute, dass Frau Schäferkordt, Anke Schäferkordt, die Keynote Speach halten wird. Sie ist eine der wichtigsten Medienmanagerinnen und wenn man es sich mal bei Lichte betrachtet, so wird von den Medien zwar oft über die mangelnde Präsenz von Frauen in Führungspositionen berichtet, aber wenn man in die Medien selbst reinguckt, dann würde ich sagen, gibt es auch noch eine ganze Menge zu tun. Aber wie es so immer ist, man sagt die Sachen immer an der falschen Stelle, denn heute haben wir ja eine der führenden Medienfrauen bei uns, Geschäftsführerin der Media Gruppe RTL Deutschland gemeinsam mit Guillaume de Posch Vorstandsvorsitzender der RTL Group in Luxemburg und Vorstandsmitglied der Bertelsmann AG, herzlich willkommen, dass Sie auch noch für uns Zeit hatten. (Beifall)

1:02

Ein ebenso herzliches Willkommen, dann auch an Herrn Schumacher, der nachher die Freude haben wird, Frau Schäferkordt noch ein bisschen zu interviewen und die Künstler David Garrett, Lesli Mandoki habe ich schon begrüßt samt Kapelle und … (Heiterkeit) … oder Band. Wir sind ja konservativ. Lesli Mandoki verzeiht uns das.

1:31

So, die MediaNight ist auch in die Jahre gekommen. Wir haben Jubiläum. Die 10. MediaNight ist diesmal hier im Adenauer-Haus zu Gast und das ist eines der Highlights unserer jährlichen Arbeiten. Eine sehr spannende Mischung aus harter Arbeit im medienpolitischen Bereich gemischt mit viel Unterhaltung und einem open end, das ich noch nie erlebt habe hier, aber mir wird dann am nächsten Tag immer berichtet, wenn ich am nächsten Tag gegen Morgen dann hier rein komme, dann ist aber meistens leer (Lachen). Insofern handelt es sich hier um eine eintägige Veranstaltung.

2:15

10 Jahre MediaNight und fast genau 20 Jahre, nämlich am 30. April 1993 wurde das world weib … wide web zur allgemeinen Nutzung freigegeben und wir wissen heute, wie sehr sich unsere Welt verändert hat. Ob wir es schon ganz wissen, ist noch nicht klar. Die einen wissen es mehr, die anderen wissen es weniger. Es wird so schön gesagt, alles was digitalisierbar ist, wird in Zukunft digitalisiert werden. Und da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wenn man sich auf der diesjährigen Hannover-Messe mit der Industrie 4.0 befasst hat und dann lernt, dass VW gerade seine Wolfsburger Auto-Fertigungshallen digitalisiert, dann erahnt man, was das für die Entwicklung von Autos und von Gegenständen jeglicher Art in Zukunft bedeuten wird. Man ahnt auch, was das für die Veränderung von Berufsbildern bedeuten wird und so hat sich eben nicht nur im medialen Bereich vieles geändert, sondern bis hinein in die industrielle Sphäre natürlich massive Veränderungen ergeben.

3:26
Heute kaufen neun von zehn Internetnutzern online ein und natürlich haben dort 28 Millionen Deutsche ihre Bankgeschäfte, erledigen sie per Internet. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten nutzt das Internet für die tägliche Arbeit und das Ganze wird noch mehr werden. Rund um das Internet hat sich eine äußerst erfolgreiche Branche entwickelt. 900.000 Menschen arbeiten in Deutschland im Informations-und Kommunikationstechnik-Sektor. Das sind mehr als z. B. in der klassischen Automobilindustrie. Aber wir müssen auch sagen, wir in Deutschland sind an dieser Stelle nicht führend, sondern die klassische IC- und Hightech-Industrie ist im Silicon Valley und anderswo angesiedelt. Und deshalb ist es für uns eine große Herausforderung mitzuhalten und vor allen Dingen, wenn die Verschmelzung von Internet und industrieller Produktion stattfindet, muss Deutschland vorne mit dabei sein, muss Europa vorne mit dabei sein und deshalb ist es ganz, ganz wichtig, dass wir uns den Bedingungen stellen.

4:32

Wir haben allerdings in Berlin eine spannende StartUp-Landschaft. Ich weiß nicht, der Kollege Thomas Jarzombek ist er schon hier? Da ist er, jüngst 40 Jahre alt geworden, also doppelt so alt, wie das Internet und deshalb (Lachen) mit 20 auch gleich … hatte wohl auch gleich angefangen, sich um das Internet zu kümmern. Er gehört jedenfalls zu denen, die sich bei uns neben anderen sehr gut auskennen und hat mich auch beraten, als es darum ging, welches StartUp-Unternehmen besuchen wir und wie können wir sagen, wie wir … und wie können wir hier auch die Rahmenbedingungen für solche StartUps in Deutschland verbessern. Wir wissen, dass wir noch eine ganze Menge zu tun haben. Insbesondere, was die gesamte Gründungsphilosophie anbelangt, die Zurverfügungstellung von Kapital für diese kleinen Unternehmen und auch die Tatsache, dass wir hier keine hundertjährigen Traditionen jeweils schaffen, sondern dass hier ein sehr großer Wechsel auch in den Unternehmen stattfindet. Das alles sind Dinge, die wir noch lernen müssen, wenn wir eine wirklich lebendige StartUp-Szene haben wollen.

5:40

Aber Berlin ist ein guter Platz. Berlin hat viel Veränderung durchgemacht und insofern fühlen sich die StartUp-Unternehmen hier wohl. Und am meisten hat mir die Berufsbezeichnung des „Feelgood-Managers“, die es in eigentlich fast jedem StartUp-Unternehmen gibt, gefallen. Das sind äußerst variable Tätigkeiten von der Suche nach Yogalehrern bis zur Versorgung und der Wohnungs-Beschaffung, also wer ein Multitalent ist, sollte sich als Feelgood-Manager in der StartUp-Szene verdingen.

6:12

Meine Damen und Herren, jetzt, heute, wenn wir von der MediaNight sprechen, geht es vor allen aber um die Frage, was bedeutet das für unsere Medien? Fernsehen und Hörfunk, Zeitungen, Zeitschriften. Frau Schäferkordt wird uns auch darüber sprechen. Sie leiten durch den globalen Informationsdschungel.

6:32

Und Demokratie braucht starke, selbstbewusste Medien. Demokratie braucht Medien mit Qualitätsjournalismus und deshalb stehen wir natürlich vor riesigen Herausforderungen. Einerseits offen für die neuen Technologien zu sein und andererseits auch einen bestimmten Qualitätsanspruch garantieren zu können. Und wir erleben eine Zeitungslandschaft im Umbruch, völlig veränderte Nutzungsgewohnheiten der Menschen, sinkende Anzeigenerlöse und allein im ersten Quartal 2013 minus 4 Prozent der Auflage von allen deutschen Zeitungen, obwohl es wirtschaftlich in Deutschland ja noch relativ gut geht.

7:15

Ich will an dieser Stelle sagen, Internet hin und her, ich bin trotzdem der Überzeugung, dass eine Fähigkeit zum Lesen erhalten bleiben sollte. Und nicht nur reduziert auf Abkürzel bei den verschiedensten Sorten der elektronischen Nachrichtenübermittlung, denn es kann nicht schaden und man kann auch ein guter Internetnutzer seien, wenn man über Lesefähigkeiten, glaube ich, verfügt.

7:43

Wir haben gemerkt, als wir das Leistungsschutzrecht verabschiedet haben mit tätiger Unterstützung und Beratung auch durch unsere Kollegen, die sich im Internet sehr gut auskennen in welches ja Spannungsfeld eintritt, wenn man etwas regulieren will, wenn man sagen will, Inhalte müssen auch ihren Wert behalten. Und dieser Wert muss sich auch materiell ausdrücken. Und wir haben jetzt viele Jahre an einer Reform des Urheberrechts gearbeitet und sind immer noch nicht ausreichend zum Ziel gekommen, aber ich will hier ganz eindeutig sagen, habe neulich auch umfangreich mit der so genannten Content Allianz, die sich glücklicherweise gebildet hat, gesprochen, es muss garantiert sein, dass Kreativität weiter auch sozusagen den Lebensunterhalt garantiert, dass man damit etwas verdienen kann. Und es kann keinen Zugriff auf geistige Leistungen geben, der völlig kostenlos ist. Das ist, glaube ich, (Beifall) ganz, ganz eindeutig. Wenn man dann … klatscht leider nicht jeder. Da muss ich noch Überzeugungsarbeit leisten, aber das überlasse ich Frau Schäferkordt dann.

8:57

Wenn man dann natürlich in die Diskussion eintritt mit denen, die, vielleicht die Internet Community repräsentieren und darüber spricht, dann gibt es ja auch interessante Lerneffekte. Ich glaube, es gab eine Piratin, die ein Buch schrieb und dann doch ein bisschen erstaunt war, dass sie dafür gar nichts sozusagen verdienen sollte und vielleicht muss jeder erstmal selber eine kreative Leistung vollbringen, bevor er sich an den Diskussionen über die Behandlung des Urheberrechts oder den Schutz des Urheberrechts beteiligt. Es gibt dann einen Streit, ob klassische Institutionen heute überhaupt noch demokratisch legitimiert sind oder, ob man sozusagen so sein muss, wie Steve Jobs war, der einfach gesagt hat, die Beatles sind mir so viel wert, dass es die auf gar keinen Fall umsonst gibt und er damit natürlich im Internet auch gezeigt hat, dass man sehr wohl für Inhalte auch etwas bezahlen muss und es klappt ja auch ganz gut, wenn ich das richtig sehe, was man da an Musik … ich mache jetzt hier aber keine Werbung für einen. Da muss ich auch aufpassen. (Heiterkeit)

10:02

Also, jedenfalls haben wir die Aufgabe, den neuen rechtlichen Rahmen richtig zu setzen, das erfordert Technikverständnis und das erfordert eine Vorstellung von der Konvergenz der verschiedenen Medien, die natürlich auch eine gewisse Prognosefähigkeit in sich tragen muss. Und wir müssen eben auch verstehen, dass deutsche Gesetze alleine schon gar keine, die für einzelne Bundesländer vielleicht gemacht werden, uns wirklich voranbringen, sondern das die Rechtsetzung halt eben auch in Europa und am besten global erfolgen sollte.

10:40

Da haben wir allerdings im Bereich der Lehren aus dem Bereich der Finanzwirtschaft eine Erfahrung gemacht: wenn keiner vorangeht, gibt es eigentlich auch fast nie eine Lösung. Wir haben in allen Fragen der Banken-Restrukturierung und vieler anderer Dinge immer erst einen deutschen Alleingang gemacht und dann gelern,t dass das von Europa nicht immer 100 % übernommen, aber als Anregung verstanden wurde und, ich glaube, so müssen wir im Medienbereich zum Teil auch vorgehen, dass man sich nicht davon abhalten lässt, doch bestimmte Dinge einfach mal vor zu denken, durchzusetzen, um sie dann international auch anbieten zu können, sonst erschöpft sich das ganze in einer sehr allgemeinen Sache.

11:22

Wir haben … Frau Schäferkordt ist heute eine Repräsentantin des privaten Fernsehbereich. Wir haben Spannungen in alle Richtungen zwischen Zeitungsverlegern und Fernseh-Anbietern, zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen, zwischen Internetgemeinden und den Anbietern der klassischen Medien. Und wir von der Christlich en Demokratischen Union sagen, wir wollen die Vielfalt aller garantieren. Das wird sicherlich bedeuten, dass niemand einen monopolistischen Anspruch von Haus aus haben darf, dass niemand auch alles können will. Was natürlich bei den öffentlich-rechtlichen Medien ein Problem ist, weil die Tatsache öffentlich-rechtliches Medium zu sein natürlich voraussetzt, dass man einen großen Teil der Bevölkerung auch erreicht. Und damit man vielleicht legitimieren kann, ja alles auch machen zu dürfen, wenn sich die Mediennutzung der Bevölkerung immer weiter diversifiziert. Und trotzdem wird man Abgrenzungen finden können und darüber gibt es ja glücklicherweise heute auch nicht nur Gespräche zwischen Politik und den Medienanbietern, sondern auch der Medienlandschaft unter sich, wie ich im übrigen glaube, dass es immer das Beste ist, dass versucht wird, auch untereinander Lösungen zu finden oder Interessen zu bündeln, deshalb habe ich die Content Allianz erwähnt, dass es für die Politik unglaublich hilfreich. Wenn man mit jedem einzelnen Anbieter und jeder einzelnen Form reden müssen, dann wird das für uns unendlich kompliziert daraus eine wirkliche Lösung zu finden.

12:53

Meine Damen und Herren, die MediaNight ist ein Bekenntnis zu den Medien. Die MediaNight ist ein Bekenntnis dazu, dass wir uns den anspruchsvollen Aufgaben der Regulierung stellen, dass wir auf Anregung aus dem Medienbereich setzen, dass wir technisch innovativ sein wollen und dass wir gleichzeitig eben auch die Rechte derer, die ihre Arbeit in das Internet einbringen in Form von Inhalten, dass wir diese Rechte schützen wollen.

Ich möchte Sie noch einmal ganz herzlich begrüßen und dann nochmal ganz herzlich Frau Schäferkordt danke sagen und ihr den Staffelstab übergeben. Nicht den Staffelstab, aber die Nutzung des Mikrofons übergeben. Sie haben das Wort! (Beifall)








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