„Die Hochwassersituation in Sachsen und Sachsen-Anhalt traf am 3. Juni auch Einrichtungen des Rundfunks.“
Gastbeitrag von Kai Ludwig
Wie dem Facebook-Profil von MDR Info zu entnehmen ist, war in den Nachmittagsstunden (03.06.2013) eine polizeiliche Anordnung ergangen, die Sendeanlage Wiederau bei Pegau abzuschalten. Später sei gestattet worden, die Sender auf eigene Gefahr doch weiter zu betreiben.
Hintergrund ist hier offenkundig eine vom Landkreis Leipzig verfügte Evakuierung, die u.a. auch die Ortslage Wiederau betrifft. Keine Angaben liegen dazu vor, ob Spekulationen über einen Einsatz von Notstromaggregaten zutreffen oder das Evakuierungsgebiet weiter mit Elektroenergie versorgt wird. Im Vordergrund stehen dürfte in diesem Zusammenhang zunächst die Position der Media Broadcast, im Interesse der Rundfunkversorgung darauf zu bestehen, die Sendetechnik eingeschaltet zu lassen.
Nachdem die analogen Fernsehsender und zuletzt am 6. Mai auch der Mittelwellensender auf 783 kHz abgeschaltet wurden, ist in Wiederau noch eine UKW-Großanlage in Betrieb. Zu ihr gehören jeweils 10 kW starke Sender für die Frequenzen 88,4 MHz (MDR Figaro), 90,4 MHz (MDR Jump), 96,6 MHz (Deutschlandfunk), 93,9 MHz (MDR Sachsen), 102,9 MHz (Radio PSR), 104,9 MHz (Radio SAW), 106,5 MHz (MDR Sachsen-Anhalt) und 106,9 MHz (Hitradio RTL).
Die von MDR Info darüber hinaus ebenfalls erwähnte Frequenz von MDR Sachsen-Anhalt in Naumburg wäre von einem Ausfall des Senders Wiederau mit betroffen, da der dortige Kleinsender das UKW-Signal aus Wiederau umsetzt, um die Kosten für eine gesonderte Übertragungsleitung zu sparen.
Bei der Sendestation Wiederau handelt es sich um den ursprünglichen Mittelwellen-Hauptsender des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig. Da für die Abstrahlung eines Mittelwellensignals die Leitfähigkeit und damit Feuchtigkeit des Bodens am Standort der Sendeanlage von großer Bedeutung ist, fiel bei der entsprechenden Festlegung im Jahre 1931 die Wahl auf diesen Standort in der Aue der Weißen Elster.
Dort traf die Sendeanlage 1954 ein Hochwasser. Seinerzeit gelang es, die Sendetechnik vor einer Überschwemmung zu bewahren und den Sendebetrieb mitten aus dem Katastrophengebiet heraus aufrechtzuerhalten. Als Konsequenz wurden parallel zum Aufbau der UKW- und Fernsehsender 1958 Schutzdämme angelegt.
In Halle/Saale betrifft die Hochwassersituation auch die dortige Hörfunkzentrale des MDR, in der auf Grundlage des MDR-Staatsvertrags, der hierfür Halle als Standort vorschreibt, die zentralen Radioprogramme des MDR produziert werden.
Wie im Nachrichtenticker des MDR-Internetauftritts um 15.15 Uhr vermerkt wurde, ist die Tiefgarage des Funkhauses gesperrt. Ein Foreneintrag von 17.34 Uhr spekuliert, „bald“ werde der MDR die Räume aufgeben müssen, „da auch dort das Wasser in der Tiefgarage steht und droht, das Gebäude zu überfluten“.
Vgl.:
* Video aus Pegau vom 03.06.2013
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Der Mitteldeutsche Rundfunk räumt sein Funkhaus in Magdeburg, das sich auf der innerstädtischen Elbinsel befindet. Von Donnerstag an sollen das Hörfunkprogramm MDR Sachsen-Anhalt und die Regionalmagazine des Fernsehens von Ausweichquartieren aus gesendet werden, darunter das MDR-Studio im Magdeburger Landtag.
Im Falle des Funkhauses der zentralen MDR-Hörfunkprogramme in Halle/Saale hofft der MDR, dessen Räumung vermeiden zu können. Seit den Morgenstunden des 5. Juni ist dort jedoch die Wasserversorgung unterbrochen (in den Worten eines Facebook-Eintrags von MDR Info: „Ab nun heißt es: Dixiklo und Reserve-Kaffee.“)
In den Nächten zum 5. und 6. Juni sendete MDR Info auch nachts ein nur für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestimmtes Programm. Die Produktion der bundesweit ausgestrahlten ARD-Infonacht übernahm stattdessen das RBB-Inforadio in Berlin. Momentan ist noch nicht bekannt, ob dieses Arrangement ggf. weiter fortgeführt wird.
Die – auch im Regelfall unbesetzt betriebene – UKW-Sendeanlage in Wiederau, welche die örtlichen Behörden in offenkundiger Verkennung der Konsequenzen zunächst abschalten lassen wollten, blieb vom Hochwasser bislang unberührt und arbeitet weiterhin ordnungsgemäß.
Ein zumindest dem ersten Anschein nach reguläres Programm sendete im Laufe des 5. Juni auch Český rozhlas Sever, der Regionalsender des Tschechischen Rundfunks in Ústí nad Labem. In der vorangegangenen Nacht waren Teile von Ústí überflutet worden.
Gemeldet wurde am Vormittag des 4. Juni ein Ausfall der Frequenzen von MDR Info in Weimar und Salzwedel/Fleetmark. Dabei ist allerdings zunächst nicht erkennbar, inwieweit hier ein Zusammenhang mit der Hochwasserlage besteht. Von einem etwaigen Totalausfall der betreffenden UKW-Anlagen wären neben MDR Info auch andere Programme betroffen (in Weimar der Deutschlandfunk, Radio Lotte mit Radio Funkwerk, Top 40 und Klassik-Radio, in der Altmark MDR Sputnik und Radio SAW).
Vgl.:
* Video aus Halle, Luftaufnahmen (Vorspulen bis ca. Minute 5:00)
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren