(wörtliches Transkript)
00:48
Jörg Wagner: Herr Spahr, was genau haben Sie untersucht?
00:51
Christian Spahr: Wir haben zum einen untersucht die politische Berichterstattung, d. h., wie Zeitungen und Fernsehsender über politische Parteien und über die einzelnen Spitzenpolitiker berichten. Und dabei haben wir festgestellt, dass es natürlich durchaus große Unterschiede gibt, wie einzelne Medien mit den Politikern umgehen. Und das ist eine Tendenz in Rumänien, aber auch in anderen Ländern Südosteuropas, dass die Medien durchaus sehr polarisiert sind, das heißt, dass es weniger ausgewogene Berichterstattung gibt, dass man immer beide Seiten hört und dabei auch versucht, alle Aspekte eines Themas zu sehen. Sondern, dass es oft so ist, dass einzelne Medien, die also bestimmte Politiker hochschreiben und andere Politiker runterschreiben, dass diese Polarisierung ausgeprägter ist, als zum Beispiel in Mitteleuropa.
01:40
Jörg Wagner: Nun kann ich mir vorstellen, dass das möglicherweise auch verwirrend ist für die Rezipienten, dass die, wenn sie sich orientieren wollen, hin- und hergerissen sind, welchen Medien sie vertrauen können. Gibt es darüber irgendeinen Index oder irgendwelche Untersuchungen?
02:24
Christian Spahr: Wir haben parallel zu diesem Medienmonitoring, das heißt, parallel zu unserer Analyse der politischen Berichterstattung, die einen eher wissenschaftlichen Charakter hat auch eine Meinungsumfrage gemacht. Und dabei haben wir festgestellt, dass tatsächlich nur eine kleine Minderheit der Rumänen, daran glaubt, dass die Medien unabhängig sind. 20 Prozent sagen das. Das ist natürlich schon ein alarmierender Wert. Etwa die Hälfte bestreitet es ausdrücklich, dass die Medien frei sind. Und ein großer Teil ist unentschieden. Und das gibt natürlich durchaus zu denken.
02:23
Jörg Wagner: Aber es ist natürlich, wie Sie ja eben andeuteten nicht unbedingt die objektive Realität, weil es gibt offenbar ja freie Medien.
02:31
Christian Spahr: Also, es gibt natürlich freie Medien, ja? Das bestreitet niemand, dass es in Rumänien keine Pressfreiheit gibt. Allerdings müssen wir unterscheiden zwischen der Pressefreiheit, die vom Staat gewährt wird und der Pressefreiheit in der Praxis. Also, Theorie und Praxis liegen oft in diesen Transformationsländern weit auseinander. Und die Bedingungen im Medienbereich selbst führen oft dazu, dass die Journalisten in ihrer Arbeit weniger frei sind. Das liegt zum großen Teil an der Struktur des Medieneigentums. Medien werden hier oft gehalten und betrieben, um politischen oder wirtschaftlichen Einfluss auszuüben und weniger als Branche an sich, die eben profitabel sein soll, als ein Angebot für die Bürger.
(…)
(Auszug)