(leicht korrigiertes, wörtliches Transkript)
00:00
Dr. Orlin Spassov: Mein Name ist Orlin Spassov. Ich arbeite als Dozent an der Sofioter Universität, Fakultät für Journalistik und Massenkommunikation und ich bin der Leiter der Stiftung Mediendemokratie. Wir arbeiten zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und auch mit anderen Partnern in Bulgarien, also im Bereich der Medien.
00:28
Jörg Wagner: Herr Spassov, Sie haben wieder die bulgarischen Medien untersucht danach, wie denn die Bevölkerung mit den Medien umgeht, ob sie den vertraut, ob sie sie für unabhängig hält. Was ist denn die wichtigste Erkenntnis aus Ihrer Studie?
00:41
Dr. Orlin Spassov: Das wichtigste ist, dass die bulgarischen Medien immer noch sehr viele Probleme haben, also die meisten Medien arbeiten unter Druck. Und dieser Druck kommt von verschiedenen Seiten: von der Seite der Politik und der Wirtschaft und der staatlichen Administration auch. Und das bedeutet eine ständige Abhängigkeit der Medien und das bedeutet auch, das Publikum in Bulgarien ist da mehr oder weniger empfindlich, bezüglich was im Medienbereich passiert und die Umfrage die „Market Links“ gemacht hat, hat gezeigt, dass nur jeder sechste von allen Befragten glaubt, dass die Medien in Bulgarien unabhängig sind und das ist natürlich nicht sehr gut für die bulgarische Medien. Und in dieser Situation befinden sich die Medien in Bulgarien auch unter Druck sich zu ändern, damit sie mit dieser Änderung auch das Publikum überzeugen, dass das ganze Medien-Milieu in Bulgarien in eine positive Richtung sich entwickelt.
02:01
Jörg Wagner: Haben Sie denn schon den Eindruck, dass sich etwas verändert? Denn letztes Jahr, als Sie die Studie für 2014 im Februar vorgestellt haben, haben Sie festgestellt, dass jeder siebte in Bulgarien tatsächlich an die Unabhängigkeit der Medien glaubt, jetzt jeder sechste. Ist das innerhalb des statistischen Schwankungsbereichs nur oder ist hier tatsächlich ein langsamer Prozess erkennbar?
02:25
Dr. Orlin Spassov: Es ist schwer zu sagen. Hoffentlich ist das ein positives Zeichen, aber das glaube ich nicht. Es ist nicht so sicher, weil nur ein Prozent ist keine, rechte Änderung. Und deswegen brauchen wir mehr überzeugende Zeichen für eine positive Entwicklung. Deshalb glaube ich, dass es um eine statistische Schwankung geht und nicht um eine echte positive Entwicklung. Und die anderen Daten, die wir analysiert haben, haben auch sehr deutlich gezeigt, dass im Jahr 2014 keine positive Entwicklungen im Medienbereich stattfinden. Zum Beispiel die Selbstregulierung der Medien funktionierte nicht im Jahr 2014. Es gab auch sehr starke Kritik von der Seite verschiedener Nichtregierungsorganisationen, wie Reporter ohne Grenzen, wie von Freedom House und anderen Nichtregierungsorganisationen. Und diese Kritik kam von verschiedenen Quellen. Und das ist das wichtigste. Das bedeutet, dass es sich hier nicht um eine subjektive Einschätzung oder Bewertung geht, sondern es geht um eine objektive Einschätzung.
04:01
Jörg Wagner: Orlin Spassov, haben Sie eine Erklärung dafür, dass das Fernsehen das höchste Vertrauen genießt und die Zeitschriften am wenigsten in diesen Bereich fallen, wo man sagt, hier kann man tatsächlich den Journalisten glauben, was sie schreiben?
04:15
Dr. Orlin Spassov: Ja, ich habe eine Erklärung und das ist der Fakt, dass die Printmedien einen schlechten Ruf in Bulgarien haben, weil sie in den letzten Jahren zu viel mit der Politik gespielt haben. Also, wenn wir sprechen über Korruption und über verschiedene Einflüsse in den Medien, dann sprechen wir fast immer über die Printmedien und deswegen die Reputation der Printmedien ist … war nicht so gut in den letzten Jahren und das ist vielleicht eine Erklärung, warum auch das Publikum kein Vertrauen der Printmedien mehr genießt im Vergleich mit den elektronischen Medien, besonders mit Fernsehen und wenn wir über das Fernsehen sprechen, ich muss sagen, dass das bulgarische Nationalfernsehen eine sehr positive Rolle in den letzten Jahren gespielt hat, weil BNT ist relativ unabhängig und relativ kritisch und das war sozusagen ein Muster für die anderen elektronischen Medien in Bulgarien, wie auch das bulgarische National-Radio. Das ist auch ein sehr gutes und positives Beispiel. Und das ist eine Erklärung, warum auch das Fernsehen so besser als die Printmedien in Bulgarien dasteht.