14:35
Wir haben wirklich jeden Grund zum Zukunftsoptimismus, wenn ein paar wenige Voraussetzungen geschaffen werden oder Gefahren aus dem Weg geräumt werden. Und ich will ganz kurz skizzieren, welche beiden Hauptgefahren ich meine. Die eine Gefahr ist die Gratis-Kultur. Und da muss man ganz klar sagen, an diesem Problem sind wir, die Inhalteanbieter, maßgeblich mit Schuld. Denn wir haben das 15 Jahre lang betrieben. Wir haben 15 Jahre lang gedacht, naja ist so ein bisschen Online, ein bisschen Marketing noch zusätzlich. Das bieten wir alles mal kostenlos und zusätzlich an. Nun stellen die Inhalteanbieter weltweit fest, dass es nicht eine nette Marketingmaßnahme, sondern das ist der Vertriebskanal der Zukunft. Dort findet das Wachstum statt.
Und die Leute haben sich aber 15 Jahre lang daran gewöhnt, dass alles kostenlos ist. Das zu ändern, wird schwer sein. Aber nicht unmöglich. In vielen kleinen Schritten und vor allen Dingen setze ich dabei auf die mobilen Geräte. Denn auf den mobilen Geräten ist es ja so, das die Menschen heute schon daran gewöhnt sind, das alles, was sie tun, etwas kostet. Ein Telefonat kostet etwas, eine SMS kostet etwas, eine MMS kostet etwas. Und eine App kostet etwas. Hier ist also eine Bezahlgewohnheit etabliert, die wir nur beibehalten müssen und die wir vor allen Dingen mit attraktiven Angeboten, mit Inhalten, die die Menschen wirklich haben wollen, am Leben erhalten müssen. Also, auch hier sind wieder die mobilen Geräte unsere große Chance.
16:02
Aber natürlich braucht es neben den attraktiven Angeboten, die wir machen müssen – und da muss uns kein Politiker und niemand bei helfen – das müssen wir, die Inhalteanbieter, selber tun, wir brauchen neben diesen attraktiven Angeboten und einfachen und klaren Bezahlmechanismen natürlich auch eine rechtliche Grundlage. Und hier glaube ich schon, dass ein Leistungsschutzrecht zwar nur ein Baustein ist, aber natürlich ein wesentlicher Baustein. In der analogen Welt haben wir das nicht gebraucht. Zeitungen oder Zeitschriften, die wurden vielleicht einmal kopiert. Wenn ein Unternehmen ein Pressespiegel hatte, dann haben sie für das Abo bezahlt und haben auch für die Vervielfältigung bezahlt. Das war ein geregelter – und was die Vervielfältigung betrifft – harmloser Markt.
In der digitalen Welt ist die Sache komplett anders. Deswegen stellt sich in der digitalen Welt nun auch für die Verlage das Thema Leistungsschutzrecht und sie haben einen Anspruch darauf, genau wie das andere Branchen, die Musikbranche oder die Filmbranche schon längst haben. Es ist dort eine absolute Selbstverständlichkeit. Und dieses Leistungsschutzrecht bedeutet nicht irgendeine Art von Zwangsabgabe, sondern es bedeutet schlichtweg nur, dass derjenige, der digital Inhalte haben möchte, für diese Rechte, sozusagen in einer Art Lizenzvereinbarung auch zu bezahlen hat. Das ist nichts anderes, als das, was die GEMA tut.
17:23
Ich muss sagen, dass es mich mit großer Überraschung erfüllt, dass ausgerechnet der BDI, den ich immer für einen Hort ordnungspolitisch klarer Vorstellungen und marktwirtschaftlicher Grundüberzeugung gehalten habe, dass ausgerechnet der BDI sich öffentlich so leidenschaftlich gegen das Thema Leistungsschutzrecht positioniert hat. Ich wundere mich, denn, ich meine, es wäre ja so, als wenn jetzt alle Medienverbände zusammen morgen eine Pressemitteilung herausgeben würden nach dem Motto: Freie Fahrt für freie Bürger, ab morgen kostenlos tanken. Also, wir wollen alle Benzin kostenlos haben. Klar ist es schöner, es kostenlos zu bekommen, aber mit dem Grundprinzip von Eigentum verträgt es sich eigentlich nicht.
Und deswegen können wir eigentlich nur verwundert auf diese Position schauen und denken, dass es sich um ein Missverständnis handeln muss. Es geht ja nicht, wie behauptet um eine GEZ, die hier eingeführt werden soll, sondern, wenn wir das vergleichen wollen, dann geht es allenfalls um eine GEMA. Es geht also um einen völlig freiwilligen Akt. Nur derjenige, der Inhalte haben möchte, der Inhalte nutzt, der soll bitteschön auch dafür bezahlen. Mehr ist nicht gefordert. Und insofern möchte ich einfach unterstellen und hoffen, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt, dass wir vielleicht noch nicht gut genug erklärt haben, um was es geht und dass wir da schnell auch mit dem BDI eine gewisse Einigung erzielen können über dieses Thema.
18:48
Und das zweite große Sorgenthema in diesem Kontext, was besprochen werden und gelöst werden muss, ist die Wettbewerbsverzerrung bei der Digitalisierung durch das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Herr Schächter, Sie haben neulich in einem Interview gesagt, dass sie dieses Gerede von der Wettbewerbsverzerrung nervt. Ich fürchte Herr Schächter, ich muss Sie heute noch einmal nerven, weil es doch angesichts der Bedeutung, die das Ganze hat, wichtig ist, dass wir hier eine Lösung finden. Und ich möchte ganz klar sagen, dass ich eine wirklich konstruktive Lösung, eine echte Lösung suche und nicht eine Polemik, einen andauernden Streit, in dem beide Seiten überziehen.
19.31
Wir sollten uns zu allererst darüber verständigen, ob wir am öffentlich-rechtlichen System, am dualen System in Deutschland festhalten wollen. Und das kann ich nur dringend empfehlen. Ich glaube, es gibt keine Fernsehlandschaft der Welt, die eine so hohe inhaltliche Vielfalt und Qualität bietet, wie die deutsche. Ich glaube, dass wir darauf noch viel stolzer sein könnten im internationalen Vergleich, als wir das sind. Und ich glaube, dass dazu natürlich der lebendigen Wettbewerb mit den privaten Anbietern beiträgt, aber ganz wesentlich doch auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit einem über Jahrzehnte gepflegten, hier und da etwas auf Abwege geratenen, aber in Summe doch überzeugenden Qualitätsverständnis hierzu beiträgt. Ich glaube also, dass das duale System in Deutschland eine Berechtigung hat, dass es erhalten werden sollte und dass wir uns alle dazu bekennen sollten. Das ist eine erste, ganz wichtige Voraussetzung.
20:30
Zweitens müssen wir natürlich als Vertreter der aus dem Printgeschäft kommenden Verlage einräumen, dass es denklogisch ein bisschen schwierig ist, wenn wir einerseits sagen: die Digitalisierung ist unsere Zukunft. Das mobile Internet das ist es, worauf es ankommt. Und nur wer sich erfolgreich transformiert, wird überleben. Und gleichzeitig sagen wir: aber die öffentlich-rechtlichen dürfen das nicht. Eine sehr schwer haltbare Position. Wir müssen also den öffentlich-rechtlichen genauso die Chance zur Digitalisierung einräumen, wie wir sie selber nutzen wollen. Und der Versuch, das dann durch Dreistufentests und durch inhaltliche Einschränkungen zu lösen, ich habe von Anfang an wenig Sympathie dafür gehabt und ich finde, wir sehen ja im Moment auch, dass es nicht sehr überzeugend funktioniert. Der Ansatz inhaltlicher Einschränkungen widerspricht meinem Freiheitsverständnis und ich glaube, er wird auch in der Realität nicht funktionieren.
21:27
Auf der anderen Seite haben wir eine Situation – und auch das muss klar gesehen werden – dass die öffentlich-rechtlichen mit einem Budget von 8,5 Milliarden ein natürlich, übrigens längst ein Pay-TV-Modell in Deutschland etabliert haben. Das ist übrigens interessant, warum Pay-TV bei uns in Deutschland so schwierig ist, also da sind ja mittlerweile zwei bis drei Milliarden, sagen wir es mal höflich, investiert worden. Und warum das nicht funktioniert hat, hat natürlich auch damit zu tun, dass das öffentlich-rechtliche die beste Pay-TV-Plattform überhaupt ist mit 18 € Gebühren pro Monat, mit 100 % Markt-Abdeckung, mit 24.000 Mitarbeitern und 8,5 Milliarden Budget, mit Fußballrechten, die eben immer die Hauptanziehungskraft für das Pay-TV international ausmachen. Das alles ist natürlich schon ein massiver Ansatz. Und auch das Programmvolumen. Ich hab mir das mal aufgeschrieben, also ARD und ZDF bieten rund eine halbe Million Programmminuten auf den Sendern. Bei den Dritten Programmen der ARD sind es 4 Millionen Sendeminuten, bei den analogen Spartenkanälen inklusive ARTE 1,9 Millionen und bei den Digitalkanälen kommen noch einmal 3 Millionen hinzu. Das heißt, an jedem Vierundzwanzigstundentag des Jahres produzieren ARD und ZDF mit ihren mehr als 20 Kanälen 456 Programmstunden. Wer das alles sehen wollte, der müsste 19 Leben parallel leben. Also, wenn man alles guckt, was es zu gucken gibt, müsste man in 19 Leben leben.
(Beifall)
22:59
Ich will das gar nicht kritisieren. Ich finde das großartig. Nur, wenn sie dieses Volumen, diese inhaltliche Potenz und dieses Budget nehmen und dann sagen, wir wollen in der digitalen Welt: erstens alles dürfen, was die Privaten auch dürfen und zweitens wollen wir das Ganze auch noch kostenlos anbieten, dann, meine Damen und Herren, ruinieren sie die Basis für ein künftiges Geschäftsmodell der privaten Inhalteanbieter in der digitalen Welt. Das ist es, was damit geschieht.
(Beifall)
23:37
Ich muss das ganz klar sagen, für mich wäre die Pressemitteilung ARD und ZDF geben bekannt, dass Sie morgen eine Gratiszeitung herausgeben, diese Pressemitteilung wäre für mich weniger bedrohlich, als die Pressemitteilung, dass ARD und ZDF Gratis-Apps herausgeben. Das ist zwar im Volumen überhaupt noch nicht vergleichbar. Das eine ist klein, winzig heute und sieht ganz harmlos aus und das andere ist ein riesiges Geschäft. Nur das riesige Geschäft ist rückläufig, dieses kleine, unwichtiger Geschäft wächst geradezu exponentiell. Die Zeitung und Zeitschrift der Zukunft sind Smartphones und Tabletts. Die Zeitschrift und Zeitung der Zukunft, die bewegten Bilder der Zukunft werden sich über das Internet vermitteln und werden auf diesen neuen Geräten eine wachsende Rolle spielen.
Wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen die Möglichkeit hat mit den Gebühren auf der einen Seite zusätzlich auch noch mit Zugang zu Werbung, Sponsoring und E-Commerce auf diesen Kanälen kostenlose Angebote zu machen, dann haben wir schlichtweg kein Geschäftsmodell. Und wenn wir das nicht wollen, wenn wir das nicht hinnehmen wollen, weil die Gesellschaft sagt und die Politik sagt auch private Medien und private Medienvielfalt ist in Deutschland schützenswert, sowie auch das öffentlich-rechtliche schützenswert ist. 380 unabhängige Verlage, die 43 Millionen Menschen erreichen, die einen hohen Beitrag zur Vielfalt und Qualität der Information in Deutschland leisten, sind auch schützenswert. Wenn wir das wollen, dann brauchen wir ein System und eine Architektur, die dauerhaft Bestand hat und die einen vernünftigen Kompromiss, bei dem beide Seiten Zugeständnisse machen, findet.
25:19
Ich möchte nur ein paar Akzente setzen, die vielleicht die Diskussion darüber beeinflussen können. Und zwar zum einen müsste es sichergestellt sein, dass die öffentlich-rechtlichen grundsätzlich und zwar auf allen Vertriebskanälen auf Werbung, auf E-Commerce und auf Sponsoring verzichten. Sie dürfen sich nur durch Gebühren finanzieren. Die Privaten finanzieren sich nur durch diese drei Einnahmekategorien. Zweitens müsste sichergestellt werden, dass alle neuen Angebote, also insbesondere auf den Smartphones und auf den Tabletts, alle neuen Angebote der öffentlich-rechtlichen ebenfalls Gebühren erheben, aber natürlich nicht, indem sie einfach umverteilen für die zwei, drei Prozent, die heute diese neuen Geräte nutzen, zahlen 98 % der Gebührenzahler, die diese Geräte entweder nicht haben oder nicht nutzen, das wäre ungerecht, sondern man soll es so machen, wie man es früher gemacht hat, wenn beim ZDF Kochrezepte angeboten wurden und die haben wollte, dann musste man Briefmarken schicken. Man musste also auch da für Zusatzleistungen bezahlen. Und so wie man früher für Kochrezepte bezahlt hat, so soll man jetzt, zumindest in einer Phase der Entwicklung dieses Geschäftes direkt die Gebühr beim Nutzer erheben.
Das heißt, diese zusätzlichen Angebote, das heißt die Apps ganz konkret, müssen kostenpflichtig sein, müssen die Gebühr beim Nutzer erheben. Das allein würde sehr wesentlich helfen eine Bezahlkultur, die bereits da ist, zu erhalten als Grundlage für das Geschäftsmodell aller Inhalteanbieter, aller privaten Inhalteanbieter in der digitalen Welt. Und natürlich würde das dann, wenn man diese beiden wesentlichen und einfach zu erreichenden Voraussetzungen böte, würde das natürlich dazu führen, dass die öffentlich-rechtlichen inhaltlich frei sein müssen, zu tun und zu lassen in der digitalen Welt, was sie tun wollen und zweitens es müsste sichergestellt werden, dass für die öffentlich-rechtlichen eine sichere Finanzierungsbasis da ist, das heißt, dass wir in gestaffelten Gebührenfortschritten die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Sektors sicherstellen.
27:17
Ich glaube, dass auf dieser Basis, eine Diskussion lohnt und eine Lösung vielleicht erreichbar ist. Wenn wir das schaffen, dann können wir uns gemeinsam auf das konzentrieren, worauf es wirklich ankommt. Und das ist nicht Regulation und Medienpolitik oder Technologie, sondern ich glaube in unserem Geschäft Inhalte. Wir reden viel zu wenig über Inhalte. Wir reden zu wenig darüber, wie wir Menschen wirklich faszinieren können mit dem, was wir tun mit unabhängigem, investigativem Journalismus, mit unterhaltsamen fiktionalen Angeboten. Das ist doch am Ende der Kern unseres Geschäfts und hierauf sollten wir uns konzentrieren. Und wir sollten auch den Glauben nicht daran verlieren, dass die Menschen trotz user generated content, der natürlich eine wunderbare Bereicherung der inhaltlichen Angebote in der digitalen Welt ist, dass Profijournalismus, Profiangebote von Inhalten, von Leuten, die wissen, wie man erzählt, wie man recherchiert, wie man mit Sprache umgeht, die wissen, wie man diese Information auch visuell inszeniert, dass das eine Zukunft hat.
Die Menschen sehnen sich nach kollektiven Informationserlebnissen, Sie wollen eine gemeinsame Gesprächsgrundlage. Sie wollen etwas, worüber sie sich gemeinsam unterhalten können. Wenn jeder einen anderen Blog gelesen hat, haben Sie kein gemeinsames Gesprächsthema mehr hier auf dem Mediengipfel. Insofern kollektive Gesprächsangebote auf großen, glaubwürdigen Markenplattformen, die wir etablierten. Das ist es und dabei sollten wir auch das Prinzip Führung nicht aufgeben. Natürlich wollen Menschen Orientierung. Sie wollen Angebote. Sie wollen für etwas interessiert werden, von dem sie vorher noch gar nicht wussten, dass es sie interessiert. Das ist ja der große Unterschied. In der Suchmaschine finde ich schneller das, von dem ich vorher wusste, dass es mich interessiert. In einer Zeitung oder in einem Fernsehsender werde ich von Dingen begeistert, von denen ich vorher noch gar nicht wusste, dass sie mich interessieren könnten. Das ist die besondere Rolle von Profi-Information. Und natürlich wollen die Menschen das. Lassen Sie sich nicht erzählen, dass jeder immer sein eigener Programmdirektor sein will. Das geht irgendwann so aus wie in den antiautoritären Kindergärten der 60er Jahre, wo irgendwann die Kinder gesagt haben, müssen wir heute schon wieder spielen, was wir wollen.
(Lachen)
Das wollen die Menschen nicht auf die Dauer.
(Beifall)
29:31
Meine Damen und Herren, ich bin optimistisch. ich glaube, wir haben eine großartige Ausgangssituation. Wir können mit dem, wofür wir leidenschaftlich brennen, nämlich mit guten Inhalten, mit Informations- und Unterhaltungsangeboten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch viel bessere Geschäfte machen und sinnvollere Dinge tun, als in der Vergangenheit. Deswegen sollten wir uns an dem orientieren: der unser aller Vorbild sein muss in diesen Fragen: an Winnetou. Ich weiß nicht, wer von Ihnen Winnetou III gesehen hat. Dort gibt es die für mich absolut legendäre und unvergleichliche Schlussszene, wenn Winnetou und Old Shatterhand auf einem Berg stehen, auf dem Rücken ihrer Pferde, in der Ferne der blutrote, sonnengetränkte Himmel und ein Zug fährt vorbei. Das Dampfross. Und Old Shatterhand ist sehr skeptisch ob dieses Fortschritts und sieht das alles sehr kritisch. Und Winnetou sagt zu ihm, nur wer sich dem Fortschritt nicht verweigert, wird überleben. In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)