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04:37
Thomas Schreiber: Passiert ist, dass die Heftigkeit der Reaktionen uns überrascht hat. Wir wussten, dass er polarisiert. Wir wissen auch, was die Vorzüge von Xavier Naidoo sind, aber wir wissen auch, dass es jetzt eine Diskussion gegeben hätte, die teilweise schon ins Ausland geschwappt ist, die für ein halbes Jahr angedauert hätte, also bis zum 14. Mai mindestens, wenn der Eurovision Song Contest in Stockholm stattfindet. Und beim ESC geht es eigentlich darum, wie in einem Olympischen Dorf um Musik, um Völkerverständigung und wir wollten zum Schutze des Eurovision Song Contests, aber auch zum Schutz von Xavier Naidoo dieser Diskussion ein Ende setzen.
05:19
Jörg Wagner: Kritisiert wurde auch die Tatsache, dass allein die ARD bestimmt hätte, wer Deutschland vertreten solle, die Beitragszahlerinnen und -zahler wären nur bei der Songauswahl gefragt gewesen. Aber noch einmal, wer ist die ARD in diesem Fall? Also, wer hat festgelegt, dass Xavier Naidoo hätte teilnehmen sollen und wer hat es jetzt rückgängig gemacht?
05:38
Thomas Schreiber: Derselbe Kreis, der das entschieden hat – und das sind keine Entscheidungen die ein Mensch alleine trifft, sondern das sind immer abgestimmte Entscheidungen – derselbe Kreis, der sich für Xavier Naidoo ausgesprochen hat, hat diese Entscheidung jetzt getroffen zum Schutze von Xavier, zum Schutze des ESC. Aber wenn Sie sagen, das sei eine einsame Entscheidung gewesen, das ist, wenn Sie so wollen, das Format, für das der Norddeutsche Rundfunk im Ersten verantwortlich ist. Und es hat immer in irgendeiner Weise eine Vorauswahl gegeben. Auch bei “Unser Star für Oslo”, bei dem Lena herausgekommen ist, gab es mehrere … 4.000 Bewerber und es haben 20 in die Sendungen geschafft. Auch in den vergangenen Jahren hat es immer eine Vorauswahl gegeben. Die Entscheidung für Xavier Naidoo ist abgestimmt gewesen nicht nur innerhalb des NDR, sie ist auch abgestimmt gewesen beispielsweise mit der EBU, dem Veranstalter des Eurovision Song Contests und noch mit einigen anderen Leuten.
06:38
Jörg Wagner: Der Transparenz wegen, was ist dieser Kreis, der das entschieden hat?
06:42
Thomas Schreiber: Das sind, wenn Sie so wollen, verschiedene Kreise. Wir haben hier einen “jour fixe Eurovision Song Contest”, in dem Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen zusammenkommen, die jedes Jahr für den ESC arbeiten. Und wenn wir einen Vorschlag haben, dann stimmen wir den selbstverständlich mit der Geschäftsleitung des Hauses ab. Aber wie gesagt, wir stimmen ihn auch mit der EBU ab und in diesem konkreten Falle habe ich ihn sogar mit den Kollegen beim Schwedischen Fernsehen abgestimmt, weil ich von denen für unser Konzept … also wir wollten ja auch Inszenierungsvorschläge von Studenten der Film- und Kunsthochschulen einsammeln, um sozusagen eine fernsehgerechte, moderne Inszenierung für den Auftritt zu haben und dafür brauchte ich die technischen Angaben aus Stockholm. So habe ich den Kollegen mein Konzept erläutert. Die waren sehr begeistert. Die fanden das sehr gut. Die haben sogar gesagt, das wollen wir nächstes Jahr auch so machen. Also, man trifft keine Entscheidungen in einem luftleeren Raum, sondern das sind Prozesse und Gespräche, die teilweise über Monate gehen, in diesem konkreten Falle über ein halbes Jahr. Mit denen haben wir im März begonnen und bei denen man sich auf dem Weg immer wieder mit Kollegen austauscht.
07:52
Jörg Wagner: Xavier Naidoo hat jetzt auf Facebook auch ein Statement abgegeben: “Vor einigen Monaten… “ – so lesen wir – “ist die ARD auf mich zugekommen und hat mich gebeten, im nächsten Jahr für Deutschland beim Eurovision Song Contest in Stockholm anzutreten. Das war der alleinige Vorschlag der ARD. Ich habe nach reichlicher Überlegung schließlich zugesagt, weil dieser Wettbewerb ein ganz besonderes Ereignis für mich gewesen wäre. Wenn sich nun kurz nach unserer vertraglichen Einigung mit dem NDR und dem Abschluss aller Vorbereitungen die Planungen der ARD durch einseitige Entscheidung geändert haben, dann ist das ok für mich. Meine Leidenschaft für die Musik und mein Einsatz für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander wird hierdurch nicht gebremst.”
Thomas Schreiber: Das ist ein gutes Statement.
Jörg Wagner: Wie hat er es Ihnen gegenüber aufgenommen?
08:39
Thomas Schreiber: Ich habe heute mit ihm nicht sprechen können.
08:42
Jörg Wagner: Muss Xavier Naidoo jetzt ausbezahlt werden, wie einst Gottschalk, weil es Verträge gibt?
08:48
Thomas Schreiber: Ich glaube nicht.
08:49
Jörg Wagner: Wie wird der Neue oder die Neue gefunden?
08:52
Thomas Schreiber: Das sage ich… über das Ergebnis informiere ich Sie, wenn es so weit ist.
08:57
Jörg Wagner: Sie standen ja auch bei der Personalie Stefan Raab seinerzeit unter sehr starker Kritik innerhalb der ARD. Letztlich war mit Lena die Zusammenarbeit Raab/ProSieben erfolgreich. Sie sind also Sturm gewöhnt, kann man sagen. Diesmal ist der Hintergrund politisch und es sind im Netz auch Rücktrittswünsche zu Ihrer Person nachzulesen. Denken Sie selbst auch darüber nach? Reicht’s Ihnen jetzt?
09:16
Thomas Schreiber: Ich habe so etwas noch nicht gelesen.
09:22
Jörg Wagner: Aber ist der Sturm so heftig, dass Sie sagen: das ist mir jetzt zu viel?
09:26
Thomas Schreiber: Nicht, dass ich wüsste.
09:28
Jörg Wagner: … meint Thomas Schreiber, er ist ARD-Unterhaltungskoordinator und musste heute bekannt geben, dass Xavier Naidoo nicht nach Stockholm fährt. Ich bedanke mich für dieses Interview.
Thomas Schreiber: Danke Ihnen.