Jörg Wagner: Sie sind Chefredakteur und Ihnen wurde jetzt aus Brüssel bescheinigt, dass Sie nur „eingeschränkt“ über Zahlen Bescheid wissen, demzufolge – auch mit der kleinen Einschränkung, dass Sie für Content verantwortlich sind – eigentlich nicht diskussionberechtigt. Wie haben Sie diese, ja denn doch Herabstufung aus Brüssel empfunden?
Jochen Wegner: Sie übertreiben maßlos. Ich habe nur einen kurzen Videoausschnitt gesehen, in dem Herr Oettinger sagt, dass Chefredakteure vielleicht nicht so tief in den Zahlen drin sind, wenn es um Erlöse geht. Das ist bestimmt richtig. Also, wir beschäftigen uns nicht ausschließlich mit dem Geld verdienen, sondern erst einmal damit überhaupt Aufmerksamkeit, Leser zu finden, bevor es um das Geld verdienen geht. Es gibt allerdings ein Spezifikum. Ich kenne keinen online-Chefredakteur, der nicht extrem tief auch in den Zahlen ist und zwar in den Erlöszahlen, weil die Geschäftsmodelle im Digitalen eng verbunden sind mit der Reichweite. Man kann das heute nicht mehr streng trennen. Insofern würde ich annehmen, dass meine Kollegen und in aller Bescheidenheit auch ich schon ganz gut wissen, wie unsere Geschäftsmodelle so funktionieren, die zum Teil auch erfinden.
Jörg Wagner: Wie funktionieren sie? Welche Zahlen haben Sie konkret? Was wissen Sie über den Traffic von Google? Was wissen Sie von Ihren Lesern? Woher kommen die?
Jochen Wegner: Wir haben eine sehr starke Homepage, d.h. naja sagen wir mal 60, über 60 Prozent der Leute kommen tatsächlich direkt auf www.zeit.de. Und dann gibt es ganz viele, die von Google kommen. Das ist die zweitgrößte Quelle, also ungefähr 20 Prozent der Besucher auf Zeit online kommen über Google. Und zwar nicht jetzt, indem man im Google Schlitz www.zeit.de ein gibt, sondern einfach nach etwas sucht, was man dann bei uns findet. Und 10 Prozent mittlerweile, was ja nennenswert ist, an manchen Monaten sogar erheblich mehr kommen über Facebook und dann gibt es noch so Kleinkram, der sich dann auch summiert, bei uns ist zum Beispiel Wikipedia sehr stark, Twitter ist aber schon verschwindend gering, also unter einem Prozent. Aber es gibt da noch so ein paar Quellen, aber für Marktverhältnisse, im Marktvergleich würde ich sagen, haben wir eine relativ starke Homepage.