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Vera Linß: Seit sechs Jahren sind Sie verantwortlich für die Zusammenarbeit von Google und mit den Verlegern. Wie bewerten Sie diesen Prozess und was hat sich seitdem verändert?
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Richard Gingras: Es hat sich viel verändert in den letzten sechs Jahren in unserer Zusammenarbeit mit den Verlegern. Das ganze Wesen unserer Beziehung hat sich verändert. Wir arbeiten viel intensiver zusammen, um die Herausforderungen und die Möglichkeiten zu verstehen, die in diesem News-Umfeld liegen und um es zu verbessern. Nehmen Sie das „accelerated mobile pages“-Projekt, das wir vor 2 Jahren gestartet haben. Damit haben wir eine neue Architektur des Netzes geschaffen und die Geschwindigkeit, mit der Inhalte abgerufen werden können, erhöht. Das war ein Resultat dieser Zusammenarbeit. Auch die Nutzung von YouTube haben wir attraktiver gemacht. Mehr Videos können zu wesentlich niedrigeren Kosten eingestellt werden. Und gerade jüngst haben wir ein Projekt angekündigt, mit dem wir den Verlegern helfen wollen, die Zahl der Abos zu steigern. Und da gibt es noch viel mehr Projekte, in denen wir zusammen arbeiten, um erfolgreich zu werden in dieser – wie wir wissen – doch sehr anderen Medienwelt.
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Vera Linß: Was denken Sie über die Geschäftsmodelle der deutschen Verleger? Das Geschäft mit den Papierzeitungen wird immer schwieriger. Sie müssen digitale Abos verkaufen. Wie funktioniert das? Aus meiner Sicht ist das immer noch recht schwierig.
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Richard Gingras: Das Internet hat alles verändert. Es hat verändert, wie Menschen Informationen konsumieren. Es hat sich verändert, an welche Quellen sie sich wenden. Oft wenden sie sich an Quellen, die sie seit Jahren kennen, die schon vor dem Internet existiert haben. Aber es gibt auch neue Quellen. Sicher, das Internet hat alles verändert, eingeschlossen die Geschäftsmodelle. Aber ich bin sehr optimistisch, was die Zukunft der Nachrichten betrifft. Ich denke, Verleger, die innovativ sind und Relevantes und Interessantes schaffen für dieses neue Publikum, werden Erfolg haben.
[2:10]
Vera Linß: Eine Ursache für die Schwierigkeiten sehen die Verleger darin, dass es – aus ihrer Sicht – einen unfairen Wettbewerb mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Hat Google zu diesem Konflikt eine Position?
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Richard Gingras: Grundsätzlich hätten wir gern ein reichhaltiges Medienangebot mit so vielen Informationsquellen, wie nur möglich. Wenn es um die ökonomischen Strukturen geht, die dem zugrunde liegen und die Rolle, die eine Regierung dabei spielt – das ist deren Angelegenheit. In manchen Ländern sehen wir große Erfolge, in anderen sehen wir Herausforderungen.
[2:47]
Vera Linß: Jetzt will Google neue Modelle schaffen, die es den Verlegern erleichtern sollen, ihre Inhalte im Internet zu monetarisieren. Warum war das nötig? Worin besteht Ihre Motivation?
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Richard Gingras: Nochmal: Das Internet ist ein ganz anderer Marktplatz, wenn es um Informationen und Werbung geht. Besonders für Nachrichtenanbieter hat sich gezeigt, dass sich mit digitalen Abonnements Geld verdienen lässt. Interessanterweise haben wir in den letzten ein, zwei Jahren festgestellt – und das hat uns motiviert –, dass die User zunehmend bereit sind, für Premiuminhalte zu bezahlen. Und dass viele Verleger Abos anbieten. Darum haben wir eine Reihe von Tools aufgesetzt, die deren Wachstum unterstützen sollen. Diese können sie optional nutzen. Wenn wir von Google zum Beispiel die Kreditkarteninformationen haben, weil jemand bei uns etwas eingekauft hat, dann können wir es dem User erleichtern, ein Abo abzuschließen, weil er nicht noch mal seine Kreditkartendaten eingeben muss.
[3:56]
Vera Linß: Google will die Daten, die es von seinen Kunden hat, einsetzen, um Preismodelle zu schaffen, die Nutzer leichter akzeptieren können, als sie es jetzt tun. Welche Daten wollen Sie dafür heranziehen? Und können Sie jetzt schon sagen, welche Preise für Menschen akzeptabel sind?
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Richard Gingras: Nein, das kann ich nicht. Zuallererst: Wir stehen noch ganz am Anfang. Aber das, was ich sagen kann, ist, dass der Markt für Nachrichten im Internet riesig ist. Darum denke ich, dass man auf sehr verschiedenen Wegen erfolgreich sein kann. Man kann einen Service anbieten für Menschen, die Fantasy-Sportgames spielen und mehr Statistiken brauchen. Man kann Newsletter anbieten für Frauen, die Kinder bekommen. Es gibt so viele Bereiche, wo Menschen für Informationen bereit sind zu zahlen. Aber es ist an den Verlegern, solche Möglichkeiten zu finden. Wir tun das Beste mit unseren Werkzeugen, um ihnen dabei zu assistieren. Aber wir müssen hier sehr vorsichtig sein. Wie Sie wissen, geben wir keine persönlichen Informationen über unsere Nutzer heraus. Wir glauben fest an die Privatsphäre. Was wir machen ist: Wir schauen auf größere Markttrends. Welche Bewegungen gibt es dort, die einen User dazu veranlassen können, sich potentiell für ein Finanzmagazin zu interessieren – im Gegensatz zu jemandem, der sich für eines über Sport interessiert.
[5:30]
Vera Linß: Sie haben auch Ihre „First Click Free Policy“ gestoppt. Können Sie erklären, was das bedeutet?
[5:36]
Richard Gingras: Jahrelang hatten wir die Policy „First Click Free“, die wir speziell für Verleger von Nachrichten geschaffen hatten, um ihnen dabei zu helfen, Leseproben anzuzeigen. Das ist mehr als 10 Jahre her. Der Markt war damals noch sehr unentwickelt. Der Grund dafür war: Es gab viele Anbieter, die der Suchmaschine Inhalte vorgaukelten und dem User in Wirklichkeit etwas völlig anderes anzeigten. Zum Beispiel: Eine Seite sah so aus, als würde sie gesunde Kochrezepte anbieten und wenn man raufgeklickt hat, wurden Diätpillen angeboten und Anti-Aging-Cremes. Sozusagen eine Lockvogeltaktik. Und wir hatten immer die Regel: Zeige der Suchmaschine, was der Nutzer auch wirklich sehen wird. Aber offensichtlich wendet ein Verleger, der eine Paywall betreibt, keine Lockvogeltaktik an. Er wird eher der Suchmaschine den gesamten Artikel anzeigen, während die User, die nicht bezahlt haben, nur einen Teil davon sehen. Und deshalb haben wir die Policy geschaffen, das zu erlauben. Was wir inzwischen gesehen haben, ist, dass es jetzt, da der Markt gereift ist, sinnvoll ist, den Verlegern mehr Flexibilität zu geben, wenn es darum geht, Leseproben anzuzeigen. Jetzt haben wir ein neues Programm eingeführt, das heißt „flexible sampling“, das den Verlegern die Kontrolle gibt, die Leseproben anzuzeigen, die sie wollen oder sogar darauf zu verzichten. Wir freuen uns, das in die Hände der Verleger zu legen und sie darüber entscheiden zu lassen, wie nuanciert sie bei ihrer Strategie mit den Leseproben vorgehen.
[7:04]
Vera Linß: Auf der einen Seite kritisieren die Verleger Google und haben zum Beispiel das Leistungsschutzrecht gefordert. Auf der anderen Seite kooperieren sie. Wie passt das zusammen?
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Richard Gingras: Ich denke zunehmend: Was die Verleger sehen und was wir fühlen, ist, dass Zusammenarbeit und Partnerschaft für uns der weit bessere Weg dahin ist, herauszufinden, wie wir eine aufregende Zukunft bauen. Interessanterweise haben Google und die Verleger gemeinsame Ziele. Wir leben in einem Internet, das sich sehr unterschiedlich entwickelt. Ich habe schon unser Projekt erwähnt, wie wir das Netz schneller machen. Das offene Internet ist lebensnotwendig für Google und für die Verleger. Die Stärke der Google-Suche ist abhängig von der Reichhaltigkeit ihrer Umgebung. Wir brauchen ein reichhaltiges und offenes World Wide Web. Das ist für Google genauso wertvoll, wie für die Verleger. Was wir auch haben, sind proprietäre Plattformen, soziale Netzwerke, Messanger-Dienste, die ihre Umgebung kontrollieren, für die Verleger Verträge abschließen müssen, damit ihre Inhalte verbreitet werden. Es wäre nicht sehr komfortabel, wenn dies das dominierende Modell im Internet wäre. Es ist also für uns beide wichtig, das offene Internet zu schützen. Wir können sehr viel Nutzen daraus ziehen, wenn wir zusammenarbeiten. Es gibt viele Anstrengungen, die wir gemeinsam mit den Verlegern in dieser Hinsicht unternehmen.