Audio boomt – Besuch bei audible

Paul Huizing - Nils Rauterberg in der Berliner audible-Zentrale | Foto: © Jörg Wagner
Paul Huizing – Nils Rauterberg in der Berliner audible-Zentrale | Foto: © Jörg Wagner


Amazons Audiosparte audible setzt neue Schwerpunkte bei Audioangeboten mit eigenproduzierten Podcasts, denn auch im kommerziellen Markt ist Audio in. In Großbritannien erwartet man allein beim Sprachassistenten Amazon Echo eine Vervierfachung der Marktdurchdringung und der damit verbundenen Audionutzung.


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Was: Gespräch über die wachsende Bedeutung von audio-on-demand-Angeboten
Wer:
* Nils Rauterberg, Geschäftsführer audible GmbH Deutschland
* Paul Huizing, programmverantwortlich für die audible original Podcasts
Wann: rec.: 10.11.2017, 15:30 Uhr; veröffentlicht in zwei bearbeiteten Radio-Fassungen im Medienmagazin von radioeins, rbb vom 11.11.2017 um 18:35 Uhr und im rbb Inforadio vom 12.11.2017, 10:44/15:24 Uhr
Wo: Berlin, audible-Zentrale


audible-Zentrale in Berlin | Foto: © Jörg Wagner
audible-Zentrale in Berlin | Foto: © Jörg Wagner


(wörtliches Transkript, Auszug, Hörverständnisfehler vorbehalten)

[2:27]
Nils Rauterberg: Mein Name ist Nils Rauterberg. Ich bin der Geschäftsführer von audible hier in Berlin.
Paul Huizing: Und mein Name ist Paul Huizing. Ich bin programmverantwortlich für die Podcasts, die wir gerade ins Leben gerufen haben.

[2:36] Jörg Wagner: Da muss ich nochmal nachfragen, ins Leben gerufen “Podcasts”, normalerweise bekannt ist audible unter dem Stichwort “Hörbuch”, aber ist “Podcast” nicht mittlerweile ein Begriff für audio-on-demand-Geschichten generell?

[2:47] Nils Rauterberg: In unserem Kontext steht Podcast für kurzformatige Inhalte. Und wir sprechen in unserem Fall ja von “audible original” Podcast, das heißt, im eigens konzipierten Programm von Inhalten, die wir selber gemeinsam mit Partnern produzieren und zum Teil unseres Hörbuchangebots gemacht haben.

[3:07] Jörg Wagner: Auf Grundlage welcher Analyse entwickeln Sie überhaupt Ihre Audio-Angebote? Seit 2004 gibt’s den Begriff Podcast überhaupt erst. Das ist, glaube ich, auch so die Gründungszeit von audible im Prinzip, also zeitgleich. Haben Sie sich da auf einen Modetrend gesetzt oder haben Sie das schon irgendwie gespürt, dass Audio mehr ist als nur Radio?

[3:24] Nils Rauterberg: Audio ist in Deutschland ja schon sehr lange viel mehr als nur Hörbücher auf jeden Fall und der Podcast-Trend, wie Sie richtig sagen, existiert natürlich schon seit über zehn Jahren. Wir haben uns die erste Zeit oder eine ganz lange Zeit sehr stark auf das Thema langformatige Inhalte konzentriert: Hörbücher, Hörspiele, Hybridformen davon, serielle Inhalte, aber alles relativ lange und überwiegend fiktionale Inhalte und haben uns jetzt eben verstärkt um dieses zusätzliche Feld gekümmert, dass wir auch unter dem Begriff Podcast fassen. Bzw. in unserem Falle eben “audible original” Podcasts.

[4:02] Jörg Wagner: Die Frage, warum man sich überhaupt auf Audio konzentriert, ist ja in einer Zeit der Visualisierung, wo die Displays aus dem Boden schießen, wo sie immer flacher werden, immer transportabler, eher ein antizyklisches Verhalten. Also, es gibt ja das Radio. Das hat Hörspiele, Feature und so weiter, wenn man einfach nur in der Küche das Ding anmacht, dann hat man’s. Früher hat man noch eine Rundfunk-Zeitschrift gehabt, jetzt kann man sich’s im Netz auch runterladen. Was war überhaupt … jetzt mal in der Firmengeschichte bis ins Jahr 2004 zurück … überhaupt die Motivation neben den vorhandenen Audio-Angeboten noch etwas, kommerzielles draufzusetzen, damit richtig Geld zu verdienen und sich auch expansiv zu verhalten, also bis hin eben, dass man jetzt immer weiter denkt und nicht nur sich auf Hörbücher konzentriert?

[4:44] Nils Rauterberg: Na, ganz allgemein die Beobachtung: Es gibt unheimlich viele Zeiten im Alltag der Menschen, in denen ich nicht einen Screen nutzen kann, aber ich kann etwas hören und dafür im Prinzip ein on-demand-Angebot zur Verfügung zu stellen, das ist wenn man so will die Gründungsidee von audible.

[5:00] Jörg Wagner: Und damit kann man richtig Geld verdienen? Also, ich will nicht Geschäftsgeheimnisse jetzt … dass Sie die verraten, sondern … offenbar boomt das ja, einschließlich mit dem neuen Zusatzgerät, dem Sprachassistenten.

[5:12] Nils Rauterberg: Ja, absolut. Wir betreiben das Geschäft ja insgesamt schon seit 20 Jahren, in Deutschland seit 2004 und das Geschäft entwickelt sich sehr stark. Natürlich auch stark dadurch angetrieben, dass heute eben jeder ein Smartphone oder andere mobile Geräte in der Tasche hat und dadurch über die technische Ausstattung verfügt, im Prinzip jederzeit zu hören. Speicherplatz ist kein Problem mehr. Bandbreiten sind kein Problem mehr. Und insofern ist dieses dieses Potenzial jetzt halt für viele Menschen besser nutzbar geworden.

[5:38] Jörg Wagner: Wie muss man sich die cloud bei Ihnen vorstellen? Wieviel Terabyte können Sie denn nutzen? Wieviel Audioproduktionen pro Tag entstehen?

[5:46] Nils Rauterberg: Bin ich ehrlich gesagt in Bezug auf ein paar von den technischen Daten überfragt. Also, genauso wie man das in anderen Bereichen sieht: Der Speicherplatz ist nicht mehr das Problem. Die cloud, wenn man sie so nennen will, die ist da und stellt in unserem Fall auch nicht die Restriktion dar. Zum Glück müssen wir uns hier in Deutschland jetzt nicht mit der technischen Seite so sehr rumschlagen, sondern da greifen wir einfach auf die technische Infrastruktur von Amazon zu. Wie viele Produktionen entstehen, dazu kannst du wahrscheinlich besser was sagen.

[6:14] Jörg Wagner: Aber die library ist etwa eine Größenordnung … 200.000, 400.000?

[6:17] Nils Rauterberg: Derzeit haben wir, glaube ich, im Moment ungefähr 300 000 Titel im Angebot, geht über verschiedene Sprachen. Ja, relativ große Bibliothek.

[6:25] Jörg Wagner: … und in der Regel produziert von Produktionsfirmen oder kaufen Sie auch auf, ich sag mal, aus den Archiven von ARD und was weiß ich, DDR möglicherweise noch?

[6:35] Nils Rauterberg: Also, der größte Teil unserer Partner heute … sind ja über 500 Verlage in Deutschland, sowohl Buchverlage, als auch Hörbuchverlage, die ja seit vielen Jahren sehr aktiv und sehr erfolgreich Hörbücher produzieren. Das ist, wenn man so will, der Kern unseres Angebots und dann gibt’s das Hörspiel-Segment, das in unserem Fall über die letzten Jahre verstärkt dazu gekommen ist und jetzt strecken wir eben die Fühler aus in neue Bereiche, womit auch neue Partner ins Boot kommen. Wir kooperieren da ja mit Medien-Häusern, die zum Teil auch stärker aus dem Printbereich kommen: Zeitungen-, Zeitschriftenverlage, Magazine und auch daran interessiert sind, mit uns gemeinsam rauszufinden, wie dieses Potenzial für sie nutzbar wird.

[7:19] Jörg Wagner: Wenn Sie Ihre Geschäftszahlen mal so an die Wand werfen in Form einer Kurvengrafik, hat für Sie der 6. November 2014 da einen besonderen peak? Ab da geht’s irgendwie noch steiler aufwärts?

[7:31] Nils Rauterberg: Leider ist es in unserem Geschäft selten so, dass wir an einem Tag eine Sache neu machen und dann zeigen gleich alle Kurven nach oben. Wir haben über viele Jahre ein sehr schönes Wachstum hier in Deutschland aufgebaut mit unserem Kerngeschäft und wir haben jetzt hier ein Pflänzchen gesät, in dass wir auch jetzt, muss man tatsächlich sagen, nicht nur Monate, sondern auch schon Jahre Arbeit investiert haben in der Vorbereitung, sind sehr froh, dass das jetzt das Licht der Welt erblickt, aber das treibt jetzt noch nicht unmittelbar die Geschäftszahlen nach oben, sondern das ist erstmal ein großes Experiment und da gibt’s, glaube ich, über die nächste Zeit für uns gemeinsam mit unseren Partner sehr viel zu lernen.

[8:02] Jörg Wagner: Ich frage deswegen konkret nach diesem Datum, das ist das Datum, wenn man Alexa fragt, wann sie geboren ist, wirft sie das aus. Also nicht sie, sondern die Programmierer dieser Text-Zeilen sagen: Da haben mich meine Ingenieure auf Kiel gelegt sozusagen …

[8:16] Alexa: Ich existiere seit dem 6. November 2014. Ich wurde von einem internationalen Team bei Amazon entwickelt.

[8:23] Jörg Wagner: … und, wenn man tatsächlich nachts im Bett liegt und ruft: “Alexa, erzähl’ mir eine Gute-Nacht-Geschichte, dann wird man sofort verbunden mit Ihrer Firma, mit audible und bekommt dann, wenn man Kunde ist, eins der letzten Bücher, was man, vorgelesen bekommen hat oder man wird eben zielgerichtet dorthin geleitet. In Großbritannien gibt es 10% Marktdurchsetzung mittlerweile. Die Prognosen gehen von 40% im nächsten Jahr aus, also irgendwann kann ich mir vorstellen, ist die Marktdurchdringung so groß, dass also in jeder Wohnung so’n Ding stehen kann. Vielleicht nicht vom Mutterunternehmen Amazon. Es gibt ja noch andere Mitbewerber, aber dass die Verfügbarkeit, also Audios abzurufen, phänomenal ist. Stellen Sie sich auf diese Zeit ein oder sagen Sie da, wir sind schon immer so gut vorbereitet?

[9:14] Nils Rauterberg: So, wie es über die letzten Jahre auch sehr viele Entwicklungen geben hat, die für uns das Potenzial und die Entwicklungsmöglichkeiten fundamental verändert haben, also allein schon mit der Verbreitung von Smartphones – für mich stellt das einen ähnlichen Entwicklungsschritt dar – wo wir auch, wie Sie richtig sagen, glaube ich, noch am Anfang stehen. Aber klar, ich glaube auch, da entsteht ein ganz neues Universum von Audio-Nutzungssituationen und damit auch Möglichkeiten, Angebote zu gestalten und ja darauf stellen wir uns ein, bzw. wie viele andere experimentieren wir in dem Feld.

(…)








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