[0:00] Astrid Frohloff: Bitte begrüßen Sie sehr herzlich die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, die geschäftsführende Staatsministerin, Professor Monika Grütters, herzlich willkommen!
(Beifall)
[0:15] Monika Grütters: Ich schau’ die Serie jedenfalls regelmäßig. Und ja, liebe Frau Schlesinger, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, lieber Herr Jahn. Ich erwähne Sie und Herrn Wensierski, Sie sind als Duo ja schon angesprochen worden, deshalb, weil Sie von Kontraste ja direkt zu unserer BStU gekommen sind. Da sehen Sie mal, wozu das führt. Verehrte Kontraste-Redakteurinnen und -Redakteure, sehr geehrte Damen und Herren. Ich bin zwar auch ein Steinbock, aber Flora und Fauna liegen in der Regel jenseits des Wahrnehmungsradars eines investigativen Politikmagazins. Und selbst aus der Reihe der Alphatiere finden hier allenfalls Leithammel, Schlachtrösser und Silberrücken aus Politik und Wirtschaft Beachtung.
[1:13] Trotzdem oder auch gerade deshalb lohnt es sich heute zur Feier des Tages mal eine Ausnahme zu machen und einen kurzen Ausflug in ein von der Kontraste-Redaktion journalistisch, denke ich, doch eher unterbelichtetes Gebiet zu wagen, einen Ausflug in die farbenprächtigen Korallenriffe tropischer Ozeane. Hier lebt der Fangschreckenkrebs (Haptosquilla trispinosa), unter Wissenschaftsjournalisten bestens beleumundet als, ich zitiere: “Durchblicker vom Meeresgrund”. Und damit in gewisser Weise ein Artgenosse, jener Durchblicker im Haifischbecken der deutschen Hauptstadt, zu denen auch das Magazin Kontraste gehört.
[1:56] Zwar hat der Fangschreckenkrebs evolutionsgeschichtlich betrachtet schon ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel als die bewegten 50, die der ebenso amüsante, wie beeindruckende, wirklich beeindruckende Film eben Revue passieren ließ. Doch bei allen offensichtlichen Unterschieden zwischen Krustentier und Kontraste-Team gibt es doch ein paar Gemeinsamkeiten. So scheinen sich im Habitat tropischer Meeresgründe dieselben Überlebensstrategien bewährt zu haben, die auch ein investigatives Politikmagazin braucht, um sich über fünf Jahrzehnte im scharfen medialen Wettbewerb zu behaupten und zwischen Quotendruck und Qualitätsanspruch zu bestehen.
[2:40] Was den Fangschreckenkrebs nämlich in besonderer Weise auszeichnet, sind seine beiden in alle Richtungen beweglichen Sehorgane bestehend aus jeweils bis zu 10.000 Einzelaugen. Damit scannt er Objekte und nimmt bis zu 100.000 Farbschattierungen wahr. Und wenn Sie, verehrte Journalistinnen und Journalisten, diesen Winzling nun darum beneiden, dass er mit seinem konkurrenzlosen Sehvermögen erkennen kann, was für andere Augen unsichtbar ist, dann haben Sie noch nichts von seiner Schlaggeschwindigkeit gehört. In nur 2,7 Millisekunden beschleunigt sein Schmetter-Arm auf sage und schreibe 82 Stundenkilometer. Das ist 40 mal schneller als ein Wimpernschlag. Die Opfer sind schon von den dabei entstehenden Gasbläschen betäubt. Von diesem Tempo, das selbst ein im Tweet-Staccato befeuerten Shitstorm auf Twitter wie ein laues Lüftchen erscheinen lässt, können Investigativ-Journalisten beim Aufdecken von Missständen und Machtmissbrauch nur träumen.
[3:48] Der Wahrheit auf den Grund zu gehen und zum Schlag auszuholen gegen Schweigekartelle oder alternative Fakten, braucht Zeit für gründliche Recherche. Der 360-Grad-Rundumblick aber und die fein nuancierte Wahrnehmung der Wirklichkeit in all ihren Farben und Farbschattierungen zeichnen jeden kritischen Journalismus aus, der mit Recht für sich in Anspruch nimmt, schlagkräftige Schutzmacht der Demokratie zu sein und den Schönfärbern, den Vereinfachern, den Zerrbildzeichnern, all jenen also, die eine aufgeklärte, kritische Öffentlichkeit im Interesse persönlichen Profits oder aus Bequemlichkeit verhindern wollen, die Macht der Wahrheit entgegenzusetzen. Dafür steht das Politikmagazin Kontraste. Dafür stehen erhellende Berichte, tiefschürfende Reportagen, aufschlussreiche Dokumentationen und bewegende Geschichten in, Sie haben es eben gesagt, 618 regulären Sendungen aus fünf Jahrzehnten.
[4:54] Schon in den Anfangsjahren als, wie es damals hieß, Ost-West Magazin in Zeiten des Kalten Krieges, als nicht nur die Fernsehbilder, sondern auch die Weltbilder vielfach schwarz-weiß waren, sorgte die kleine Redaktion mit dem Anspruch ideologiefreie Berichterstattung für farblich differenzierte Bilder von den Ereignissen hinter dem Eisernen Vorhang, der Europa und nicht nur Europa trennte. Von der Schlagkraft, die investigativer Journalismus entwickeln kann, zeugen insbesondere die 70er und die 80er Jahre, als das westdeutsche Magazin nicht nur Geschichten vom ostdeutschen Alltag erzählte und SED-Propaganda entlarvte, sondern auch gesamtdeutsche Geschichte schrieb. So waren es nicht zuletzt heimliche Aufnahmen von den Massendemonstrationen in Leipzig im Oktober 1989, die, weil sie ihren Weg sowohl um die Welt als eben auch in ostdeutsche Wohnzimmer fanden, die Autorität des Regimes entscheidend schwächten. Im Nachhinein dürfte sich deshalb so mancher rote SED-Genosse schwarz geärgert haben, einen Dissidenten namens Roland Jahn, heute Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen in den Westen abgeschoben zu haben, wo er als Mitarbeiter der Kontraste-Redaktion den Schmuggel der dazu nötigen technischen Ausstattung über die Grenzen organisierte. Wir haben das gerade gesehen.
[6:27] „Das Gras zu mähen, das über etwas zu wachsen droht“, diese journalistische Aufgabe, wie der österreichische Schriftsteller Alfred Polgar sie einst formuliert hat, übernahm das Magazin dann auch im wiedervereinten Deutschland mit Beiträgen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, wie auch zur Auseinandersetzung mit Versäumnissen bei der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Kontraste konfrontierte die Deutschen aber auch mit unterbelichteten Winkeln gesamtdeutscher Wirklichkeit, als sonst noch kaum jemand darüber sprach. Mit alltäglichem Rassismus beispielsweise, das war 1993 zum Beispiel, mit Tricksereien der Automobilkonzerne bei den Abgaswerten, das war schon 2003 und wenn die Redaktion ihren investigativen Rundumblick auf die, ich bleib mal im Bild, dicken Fische in der Hauptstadt scharf stellte, kommt meine eigene Partei sowieso nie gut weg. Mal ganz abgesehen davon, dass sie vermutlich in ganz Berlin keinen Politiker finden werden, der einen gesteigerten Wert darauf legte, eine prominente Rolle in einem Kontraste-Beitrag zu spielen. Was im Zweifel natürlich eher für die journalistische Arbeit der Redaktion spricht als gegen sie. So zeugt es von ausgeprägtem journalistischen Selbstbewusstsein, die Rolle der Festrednerin zum 50jährigen Kontraste-Jubiläum ausgerechnet mit einer Politikerin zu besetzen, noch dazu von der CDU. Mit einer aus der Reihe derjenigen also, denen Sie, verehrte Journalistinnen und Journalisten, zum Glück möchte ich durchaus zufügen, zum Glück erfolgreich unbequem sind, die zu Ihrer Arbeit aber eben deshalb von Berufswegen einen – nun ja sagen wir – ambivalentes Verhältnis hat. Selbiges lässt sich ein bisschen sehr frei nach Voltaire wie folgt auf den Punkt bringen: Mag ich auch verdammen, was sie senden, ich werde alles in meiner Macht stehende dafür tun, dass sie es senden dürfen. In der festen Überzeugung …
(Beifall)
[8:51] In der festen Überzeugung, dass eine Demokratie gegen autoritäre und totalitäre Anwandlungen gewappnet ist, solange die, so nannte das Anthony Lewis, die „Suchmaschine für die Wahrheit“, wie Anthony Lewis einst Kolumnist bei der New York Times die Meinungsfreiheit einmal bezeichnet hat, nur zuverlässig funktioniert. Ich habe die Rolle der Festrednerin also gerne über- und Ihre freundliche Einladung mit Freude angenommen, liebe Frau Schlesinger und zwar auch deshalb, weil ich mir die seltene Chance nicht entgehen lassen wollte, den Spieß dann doch auch einmal umzudrehen und als Politikerin den Anspruch einzulösen, den Kontraste sich auf die Fahnen geschrieben hat, nämlich dort nachzuhaken, wo es auch mal unbequem wird.
[9:44] Zu den unangenehmen Wahrheiten, mit denen nicht nur Politiker, sondern auch Journalisten sich selbstkritisch auseinandersetzen müssen, gehört die Tatsache, dass es offensichtlich eine wachsende Zahl von Menschen gibt, die ihre Lebenswirklichkeit in den politischen Debatten und in der medialen Berichterstattung eben nicht angemessen repräsentiert sehen, die also der Meinung sind, es fehle dem öffentlichen Diskurs an eben jenen Kontrasten, die ein Politikmagazin dieses Namens verspricht und die man von Meinungsspektrum in einer pluralistischen Demokratie eben auch erwartet. Bildmaterial, das diesen gefühlten Vertrauensverlust als Tatsache ausweist hat der rbb bestimmt in seinen Archiven. Seien es Aufnahmen aufgebrachter PEGIDA-Demonstranten, die Lügenpresse-Schilder in die Kamera halten oder auf Fernsehteams losgehen, seien es Screenshots digitaler Hetze gegen vermeintlich vom Staat gelenkte Medien, seien es Interviews, in denen der angebliche Konformismus medialer Berichterstattung und die vermeintliche Einhegung öffentlicher Debatten auf das scharf bewachte Gebiet des politisch Korrekten beklagt werden.
[11:05] Auch wenn einschlägige Untersuchungen, insbesondere den Tageszeitungen und dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen nach wie vor hohe Glaubwürdigkeit bescheinigen, auch wenn das Fernsehen einer Studie der Landesmedienanstalten zufolge nach wie vor das Medium mit dem höchsten Meinungsbildungsgewicht ist, braucht es kein Investigativ-Team um festzustellen, dass es, bedingt insbesondere natürlich durch die digitale Konkurrenz, dass es Entwicklungen gibt, die die wünschenswerte Wahrnehmung der Wirklichkeit in all ihren Farben und Schattierungen in den traditionellen Medien erschweren. Sorgfalt, Unvoreingenommenheit, die Trennung von Bericht und Meinung, Ausgewogenheit und Differenziertheit – journalistische Kardinaltugenden, mit denen Qualitätsmedien sich vom sogenannten user-generated-content abheben können, bleiben auf der Strecke, wenn traditionelle Medien sich am rasanten Takt der Liveticker ausrichten, sich also dem Wettbewerb in Kategorien stellen, in denen sie sicher nur verlieren können.
[12:17] Und wo aus Kostengründen auch noch an Recherche-Kapazitäten, an Auslandskorrespondenten, an Lokalreportern, an Investigativ-Teams gespart wird, reicht es irgendwann eben auch nur noch für Informations-Fast-Food, frei von Zutaten, die die informationelle Grundversorgung einer aufgeklärten Öffentlichkeit sicherstellen. Zum Zeit- und Kostendruck gesellt sich der Quotendruck. Im verschärften Wettbewerb um Aufmerksamkeit ist die Versuchung groß, zu skandalisieren statt zu differenzieren und Themen nach Popularität statt nach Relevanz auszuwählen. Denn, wir haben es gerade gehört, Skandalgeschrei, Skandalgeschrei ist das Glutamat im Informations-Fast-Food. Wie ein Geschmacksverstärker verleiht es faden Fertiggerichten Würze. Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen spricht von einer, ich zitiere, “Erregungsindustrie” und warnt zu Recht vor dem Verlust der Verständigungsfähigkeit in der, ich zitieren noch einmal, “Empörungsdemokratie des digitalen Zeitalters”, in der mediale Wellen heute Hysterie verbreiten, um morgen im Schweigen zu verebben. Auch das untergräbt auf Dauer die Glaubwürdigkeit der Medien. Etwas rustikaler ausgedrückt: Journalistisches Rudelverhalten schadet nicht nur der Sau, die gerade durchs Dorf getrieben wird, sondern auch ihren Verfolgern.
(Beifall)
[13:56] Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur sagen, als Politikerin gewöhnt man sich irgendwann daran – ehrlich, solche Hypes öffentlicher Erregung einfach über sich ergehen zu lassen. Ich rede ja nicht davon, wie gut man schläft. Insbesondere dann, wenn die Berichterstattung allzu schematisch immer in dieselbe Richtung geht. Deshalb gehören floskelhafte Sätze wie: “Minister XY war nicht zu erreichen.” oder “Das zuständige Ministerium war nicht zu einer Stellungnahme bereit.” mittlerweile leider vielfach zum Refrain investigativer Beiträge, was den Verdacht nahelegt und nahelegen soll, dass es etwas zu verbergen gibt, wo man schlicht und einfach befürchtet, dass an einer alternativen Sicht der Dinge, ‘man’ das sind die Politiker, beim Redaktionsteam gar kein Interesse besteht. Dass gar keine Zeit [ist], schwierige politische Entscheidungen zu erklären und ein kurzer O-Ton sowieso nur zur Bestätigung eines bereits feststehenden Urteils ausgeschlachtet werden soll.
[15:02] So nähren Politik und Medien unbeabsichtigt und unfreiwillig eben jene Demokratieverdrossenheit, die wir als überzeugte Demokraten – wir alle hier – wortreich beklagen und aus der Populisten erfolgreich Profit schlagen. Für einen Vorschlag wie es besser, wie es kontrastreicher gehen könnte, werben seit 2013, Reporter der New York Times, die dazu das „Netzwerk für lösungsorientierten Journalismus“ gegründet haben. Es habe sich, so wurde einer der beiden Gründer kürzlich in einer deutschen Tageszeitung zitiert, die Erkenntnis breitgemacht, dass zu viel über Probleme und zu wenig über Lösungen berichtet werde, eine Erkenntnis, die auch von einer repräsentativen Emnid-Umfrage in Deutschland gedeckt ist, der zufolge 76% der Befragten eben dies für eins der größten Defizite der Nachrichtenmedien erhält.
[16:04] Die Mitglieder des Netzwerks für lösungsorientierten Journalismus haben es sich es sich deshalb zur Mission gemacht, einen Recherche-Schritt weiterzugehen, statt nur anzuprangern auch zu fragen, wer macht es besser. Nicht um Wohlfühlstorys geht es dabei – das unterstreichen die Gründer des Netzwerks immer wieder – nicht um Wohlfühlstorys, sondern ganz im Gegenteil darum, Druck auf die Verantwortlichen aufzubauen mit dem Nachweis, dass es Menschen, Städte oder Länder gibt, die ein Problem bewältigt haben, vor dem andre eben versagen.
[16:41] So bleibt bei aller berechtigten Kritik auch das Vertrauen, dass eine bessere Welt nicht nur möglich, sondern auch realistisch ist. Und so lässt sich vielleicht verhindern, dass Kritik an gesellschaftlichen Missständen Ohnmachtsgefühle und Hoffnungslosigkeit nährt und dass eben aus Ohnmachtsgefühlen und Hoffnungslosigkeit Wasser auf den Mühlen populistischer Hetze gelenkt wird.
[17:09] So viel zu den Herausforderungen für investigativen Journalismus in Zeiten der Medien- und Politikverdrossenheit, meine Damen und Herren, auf dass auch ich mich heute Abend bei der Betrachtung unbequemer Wahrheiten nicht auf das beckmesserische Beklagen von Defiziten beschränke, sondern Ihnen im Sinne einer lösungsorientierten Festtagsrhetorik, Anregungen für das Schärfen des Rundumblicks und der nuancereichen Wahrnehmung der Wirklichkeit liefere, die man insbesondere vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch zu Recht erwartet.
[17:45] Mag die Versuchung – das war jetzt ein Doppelpunkt – mag die Versuchung mediale Inhalte an leicht kommerzialisierbaren Unterhaltungsinteressen auszurichten im digitalen Zeitalter auch größer sein denn je: Leser, Hörer und Zuschauer sind nicht nur Konsumenten auf einem Markt, auf dem die Nachfrage das Angebot bestimmt, sondern sie sind Bürgerinnen und Bürger, die einen Anspruch haben auf das, was Qualitätsmedien zu leisten imstande sind. Deshalb brauchen wir auch in Zukunft einen starken beitragsfinanzierten und politisch, wie wirtschaftlich unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk und bei allem Respekt vor der schwierigen Gratwanderung zwischen Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags einerseits und dem in Quoten gemessen im Publikumserfolg andererseits, die Öffentlich-Rechtlichen dürfen meines Erachtens ruhig noch etwas mutiger sein, wenn es darum geht, sich dem Diktat der Quote auch mal zu widersetzen. Für Fußball oder Helene Fischer beispielsweise sollte ein Politikmagazin nicht von seinem Sendeplatz weichen müssen.
(Beifall)
Tut es aber jedes Mal und regelmäßig. Es tut es aber jedes Mal und regelmäßig.
[19:17] Man kann es nicht oft genug sagen, die Sonderbehandlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in unserem dualen Rundfunksystem, das sich über viele Jahre bewährt hat, ist nur solange gerechtfertigt, wie die Sender das Qualitätsversprechen einlösen, das an das Privileg der Beitragsfinanzierung geknüpft ist. Investigative Politikmagazine auf guten Sendeplätze tragen erheblich dazu bei, genau dieses Versprechen einzulösen.
(Beifall)
[19:47] Bleiben Sie deshalb, lieber Herr Deiß, liebe Redakteurinnen und Redakteure Ihrem Anspruch treu, den Mächtigen unbequem zu sein und den Dingen auf den Grund zu gehen. Schauen Sie dabei, wenn möglich, nicht nur denen auf die Finger, die Probleme vertuschen oder bei ihrer Lösung Versagen, sondern hin und wieder auch denen, die sie anpacken und es besser machen. Und bewahren Sie sich jenen Rundumblick und die kontrastreiche Wahrnehmung der Wirklichkeit, die auch den Fangschreckenkrebs zu einem gefürchteten Durchblicker im Korallenriff macht. Nur auf eins sollten Sie verzichten, nämlich auf eigene Investigativ-Recherchen zur Prüfung, ob dieser gewagte Vergleich mit Flora und Fauna auch tatsächlich trägt, denn Fangschreckenkrebse sind, wie Taucher wissen, ohne weiteres in der Lage mit einem Schlag die Frontscheibe einer Unterwasserkamera zu zertrümmern. Da sind Sie in Berlin doch deutlich willkommener, meine Damen und Herren, denn hier herrscht die Überzeugung, dass eine Freie Presse, eine vielfältige Medienlandschaft, eine kritische, informierte Öffentlichkeit und ein lebendiger Diskurs die stärksten Garanten sind für eine funktionierende und lebendige Demokratie. In diesem Sinne herzlichen Glückwunsch zu 50 Jahren Kontraste! Herzlichen Glückwunsch allen ehemaligen und aktuellen Redaktionsmitgliedern zu fünf Jahrzehnten erfolgreichem Investigativjournalismus.
(Beifall)