Aus der Veranstaltungsbeschreibung:
„Im vergangenen Jahr hatte Media Broadcast seine 700 UKW-Sendemasten zum Verkauf angeboten. Ende 2017 waren für alle Antennen Käufer gefunden, darunter Sendenetzbetreiber, Übertragungsdienstleister und auch Finanzunternehmen. Doch die neue Vielfalt sorgt für Streit: Die Sender haben mit alternativen Sendernetzbetreibern Verträge geschlossen. Diese konnten sich aber mit den neuen Antennenbesitzern nicht auf die Nutzungspreise einigen. Media Broadcast hat sich bereit erklärt, bis Ende Juni die UKW-Programme weiterhin zu verbreiten. Die Bundesnetzagentur will nun eine Regulierung prüfen, unter die auch der Verkaufsprozess fallen könnte.“
Was: Podiumsdiskussion „Die Zukunft von UKW – Lufthoheit am Sendemast“
während der Medientage Mitteldeutschland 2018
Wer: (v.l.n.r.)
* Martin Deitenbeck, Geschäftsführer, Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neuen Medien (SLM)
* Dr. Ulrich Liebenow, Betriebsdirektor, Mitteldeutscher Rundfunk (mdr)
* Peter Zimmermann, Geschäftsführer, DIVICON MEDIA HOLDING GmbH
* Wolfgang Kniese, Chief Financial Officer (CFO), Geschäftsführer, MEDIA BROADCAST
* Michael Radomski, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, UPLINK Network GmbH
* Helmut Hartung, Herausgeber des Medienfachdienstes promedia (Moderation)
Wann: rec.: 26.04.2018, 17:30 Uhr
Wo: Leipzig, Media City, Studio 5
Vgl.:
* Telefoninterview mit Wolfgang Breuer, Geschäftsführer MEDIA BROADCAST | 15.09.2017
* Telefoninterview mit Prof. Dr. Hansjürgen Rosenbauer, Medienratsvorsitzender der MABB | 13.04.2018
* Interview mit Michael Radomski, CEO UPLINK Network | 26.04.2018
* Die UKW-Krise aus Sicht der MEDIA BROADCAST, Interview mit Wolfgang Kniese, Chief Financial Officer (CFO), Geschäftsführer, MEDIA BROADCAST | 04.05.2018
Bundesnetzagentur untersucht Marktverhältnisse im UKW-Markt
Homann: „Marktbeherrschende Unternehmen sind der Regulierung zu unterwerfen“
Ausgabejahr: 2018
Erscheinungsdatum: 27.04.2018
Die Bundesnetzagentur hat jetzt den neuen Eigentümern und Betreibern von UKW-Antennen sowie der Media Broadcast GmbH förmliche Auskunftsersuchen zugestellt, um die Marktverhältnisse im UKW-Markt zu ermitteln.
„Wir wollen zügig klären, ob und welche Anbieter für den Zugang zu UKW-Antennen über beträchtliche Marktmacht verfügen. Diese Anbieter wären einer Regulierung zu unterwerfen“, erläutert Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. „Wir werden darauf achten, dass der seit dem Verkauf der UKW-Antennen andauernde Streit deren Nutzung nicht auf dem Rücken der Radiohörerinnen und –hörer ausgetragen wird. Der Gesetzgeber hat vor einigen Jahren entschieden, den UKW-Markt für den Wettbewerb zu öffnen. Der Wille des Gesetzgebers darf nicht durch den Antennenverkauf konterkariert werden. Deshalb habe ich die Erwartung, dass die Marktakteure parallel zu unseren Aktivitäten weiterhin gemeinsam konstruktiv nach einvernehmlichen Lösungen suchen. Sie haben es selbst in der Hand, ob und inwieweit wir am Ende Regulierungsentscheidungen treffen müssen.“
Marktmacht als Voraussetzung für Regulierung
Die neuen Antenneneigentümer müssten dann reguliert werden, wenn sie in ihren jeweiligen Verbreitungsgebieten über beträchtliche Marktmacht verfügen. Ihnen könnte dann auferlegt werden, anderen Unternehmen einen diskriminierungsfreien Zugang zu ihren UKW-Antennen zu regulierten Entgelten zu gewähren. Das Auskunftsersuchen dient der Ermittlung der Marktverhältnisse.
„Wir werden uns bei unseren Ermittlungen das Agieren der einzelnen Akteure anschauen und dann entscheiden, ob und wie im konkreten Fall reguliert werden muss. Dabei haben wir im Blick, dass bis Ende Juni 2018 alle Entscheidungen vorliegen müssten, damit eine erneuter Drohung mit einer Abschaltung, wie sie die Media Broadcast Anfang April ausgesprochen hatte, nicht noch einmal vorkommt“, so Homann abschließend.
(Pressemitteilung als PDF)
Der Beitrag von Kai Ludwig ist schon ein paar Tage alt. Daniel Bouhs und Kathrin Drehkopf haben auf ndr.de Interviews mit den neuen Antennenbesitzern und -mietern veröffentlicht. Es wird für die Privaten zu einem unsicheren Geschäft. Jeden Tag kann ihnen der Antennenbetreiber die Antenne abschalten. Die Werbewirtschaft reagiert da sicherlich empfindlich.
Eine Versorgungspflicht gibt es nur bei den regionalen ARD-Anstalten, das scheinen die Antennenbesitzer zu respektieren. Im Fall von Deutschlandradio und beim Privatfunk sehen sie keine Versorgungspflicht. Die Tüte Popcorn zum 1.7. ist sicherlich eine gute Idee fürs (Heim-)Kino oder glaubt jemand, dass in der Nacht von Samstag auf Sonntag jemand viele chinesische Wanderarbeiter mit einem Generalschlüssel und einer Flex zu den Sendeanlagen schickt, um diese stillzulegen?
Ja, es scheint einige sensationslüsterne Leute zu geben, die sich schonmal eine große Tüte Popcorn geholt haben …
Was die von Euch zitierten Analogien betrifft: Gerade die sind nach meinem Eindruck der Grund, warum die aktuelle Eskalation alle so auf dem kalten Fuß erwischt. Es konnte sich bis jetzt wohl niemand einen Netzbetreiber vorstellen, der ganz einfach den Laden dichtmacht und den ganzen Krempel verkauft, weil es sich für ihn nicht mehr lohnt. Was will die Bundesnetzagentur eigentlich machen, wenn die anderen Käufer der Antennen nun ebenso rigoros den Stiel aus der Birne ziehen wie Milaco? Ersatzvornahme oder wie? („Dafür sind wir nicht bemessen!!“)
Mir kommt es so vor, als haben wir es hier mit einer sehr netten Melange zu tun: Neoliberale Ideologie verbindet sich mit dem Bild vom bitterbösen Monopolkapitalisten. Und wer trotzdem meint, die „Postreform“ sei doch ein voller Erfolg: Es gibt Leute, die sagen, man vergleiche die hiesigen Preise für Fernmeldezeug mal mit denen im Ausland, bevor man groß herumposaunt, wie billig das gegenüber der bösen Post von damals doch alles geworden sei. (Die meinten konkret Mobilfunk und Festnetz für Privatkunden. UKW/DAB/DVB-T wären natürlich auch mal ein sehr interessanter Vergleich.)
Thoralf Winkler: danke für die Analogie (auf die hätte ich, ebenfalls in der Branche tätig, eigentlich auch selbst kommen können ;-)), weil sie genau die Situation beschreibt. Und wenn man sich die Marktrollen und ihre Entwicklung, die die Politik im Messwesen schaffen wollte, anschaut, kann man auch ahnen, wo Sinnhaftigkeit (von Liberalisierung bzw. (De-)regulierung) aufhört. Hier hätte die BNetzA eigentlich eine Musterbeispiel „wie macht man etwas besser nicht“ finden können.
Was allerdings „drumherum“ passiert, ist schon erstaunlich (und ich glaube, dass Kai Ludwig und Christian Schubert hier gar nicht so weit auseinander liegen) und erinnert mich irgendwie fatal an die gegenwärtige „enthemmte Gier der Immobilienbranche nach immer mehr“. Wenn man elektromagnetische Wellen riechen, schmecken oder sehen könnte, würde man ihnen vermutlich auch ein Euro-Schild umhängen. Ich weiß nicht, ob einer von euch sich das Interview mit Michael Radomski angetan hat, aber mir fällt dazu eigentlich nur ein, dass ich es unlogisch fände, wenn ein so vor Kenntnis(losigkeit und – Achtung Unterstellung – Kapitalgier) strotzender CEO in Kombination mit „anderen Gleichgesinnten“ es nicht schaffen würde, die Karre mal so richtig in den Dreck zu setzen. Und mittlerweile wünsche ich mir, ehrlich gesagt, so gar ein wenig diesen Supergau, weil eine Gesellschaft, die sich mittlerweile eine Vielzahl dieser „Verzerrungen“ zu leisten scheinen bereit ist, auch mal so richtig auf die Schnauze fallen muss.
Es ist eine Lüge von einem flächendeckenden Monopol zu sprechen, deshalb gibt es keinen Grund den Antennenmarkt bundesweit zu regulieren. Jeder Programmanbieter konnte seine Antenne kaufen und viele haben zugegriffen. Es haben sich auch Programmanbieter zusammengetan, um gemeinsam ihre Antennen zu kaufen (ffn & Antenne NDS) oder die sieben Programmveranstalter aus Baden-Württemberg.
Das Vorgehen wird in Deutschland seit etwa 20 Jahren praktiziert. Bereits 1999 gab es eine Art Genossenschaft bei der Einführung von DAB. Der WDR, die Deutsche Telekom AG, DeutschlandRadio sowie die Landesanstalt für Rundfunk NRW (LfR) gründen unter dem Namen Digital Radio West GmbH eine Betriebsgesellschaft für DAB. Ähnliche Projekte gab es auch in anderen Bundesländern. Wenn eine Antenne von mehreren Anbietern genutzt wird, kann man diese gemeinsam kaufen.
Das gleiche gilt für kleine Programmanbieter. Als Media Broadcast noch zu T-Systems gehörte, begannen die ersten lizensierten Radios in Deutschland über andere Dienstleister zu senden. Es sind kleine und kaum deutschlandweit bekannte Unternehmen, weil sie von der Personalstärke einen bundesweiten Service gar nicht leisten könnten.
In Großstädten ist man nicht zwingend auf den Turm der DFMG angewiesen. In Köln sendet der WDR seinen DAB+-Multiplex von einem Hochhaus (165,5 m) und nicht von dem Fernsehturm Colonius (266 m) von dem der DAB+-Bundesmultiplex ausgestrahlt wird.
Im Jahr 2014 wurden alle Frequenzen vom Sender Marlow zum Sender Rostock-Toitenwinkel fast 29 km weit umgezogen. Es ist also möglich auch einen Grundnetzsender umzuziehen. Einige Programme werden mit Strahlungsleistung über 100 kW ausgestrahlt, was eher eine Seltenheit in Deutschland darstellt. Beispiele für ähnliche Umzüge von Genfer-Frequenzen gibt es in ganz Europa.
Es ist also möglich auch Grundnetzsender nach einer längeren Vorbereitung umzuziehen, bei leistungsschwachen Frequenzen geht es schneller. Keiner ist auf ein einziges Unternehmen angewiesen. Man kann den Antennenbesitzer sogar wechseln. Es gibt an vielen Türmen noch viel Platz. Gebe es nicht Divicon und Uplink, würde jeder Programmveranstalter die Antennen einzeln verhandelt und sich bei jedem Standort nach einer Alternative umsehen.
Bei einigen Standorten schaltet die Programmanbieter ihre Antennen während der Wartungsarbeiten auf Antennen auf einem anderen Turm um, damit keine Funkstille eintritt. Es ist also möglich Frequenzen temporär für einige Tage oder Wochen zu anderen Standorten umzuziehen.
Einige Programmanbieter haben gegen das MB-Monopol geklagt, haben die Marktsituation herbeigeführt und sind verwundert, dass der Preis gestiegen ist. Früher hatten die Programmanbieter mit einem Netzbetreiber zu tun, jetzt theoretisch mit bis zu vier Unternehmen die gewinnorientiert arbeiten. Wow, welch eine Verwunderung, dass es teurer wird.
Es gibt in Deutschland fast 270 lizensierte Hörfunkveranstalter, aber nur 40 Anbieter werden in den Medienberichten ständig erwähnt. Warum soll sich die Politik einmischen, wenn 40 die Marktsituation falsch eingeschätzt haben und fast 230 nicht? Das Bundesland Bayern ist ein Sonderfall, aber in Baden-Württemberg, teilen von NRW und flächendeckend in Niedersachsen muss kein Hörer auf sein Hörfunkprogramm verzichten.
Für jedes Beispiel das zeigt, dass es geht, gibt es ein Beispiel das zeigt, dass es nicht geht.
Wenn jetzt die UKW-Infrastruktur erneuert wird, heißt es, dass UKW noch 20 bis 30 Jahre bleibt?
Ich kann nicht verstehen, warum das Bestehen eines Monopols überhaupt bezweifelt wird. Vielleicht hilft ein Blick auf die Strom- und Gasnetze (bei denen Ich selbst mit der Regulierung zu tun habe). Es gibt da im Strombereich bundesweit aktuell 878 Verteilnetzbetreiber, die Mehrzahl kleine Stadtwerke. Das hört sich nach sehr viel Wettbewerb an – den es selbstverständlich nicht gibt. Denn jeder noch so kleine Netzbetreiber ist ein Monopolist an seinem Standort (es gibt dort eben genau nur eine Stromleitung in jedes Haus). Zwar kann sich jeder einen Stromanbieter frei wählen, nicht jedoch einen Netzbetreiber. Deshalb werden die Netzentgelte (die auf der Stromrechnung stehen) entweder durch die Landesregulierungsbehörde oder die Bundesnetzagentur reguliert. Das wird von niemandem bezweifelt. So, und nun zurück zu den Antennen: Egal ob 30 oder 5 oder 1 Antennenbetreiber – von Überreichweiten bzw. Überschneidung der Sendebereiche abgesehen ist auch jede Antenne an einem Standort ein Monopol und gehört auch reguliert. Denn weder der Senderbetreiber noch der Rundfunkhörer kann sich eine andere Antenne auswählen.
Parallelstrukturen wären sicher keine sinnvolle Lösung gewesen. Die westdeutschen Verhältnisse sind nicht etwa der Normalfall, sondern eine vor Jahrzehnten von Juristen produzierte Absurdität, die europaweit einmalig ist. Überall sonst, so auch in der DDR, wurden das UHF-Fernsehen und zusätzliche UKW-Programme auf der bestehenden Infrastruktur in Betrieb genommen. Auch der Aufbau zusätzlicher Infrastrukturen als Folge politischer Entscheidungen, wer mit wem eine gemeinsame Rundfunkanstalt betreibt oder eben nicht, ist eine Einmaligkeit. (Wenigstens den Unsinn, bei Naumburg einen großen Mast zu bauen, hat man dann doch nicht gemacht und es dabei belassen, auch die Programme aus Magdeburg von Wiederau auszustrahlen.)
Was das Stichwort Privatisierung betrifft: Das niederländische Gegenstück zur Deutschen Funkturm GmbH ist tatsächlich eine staatliche Gesellschaft. Kern des Problems ist hier aber die Filetierung, die meines Wissens auch der Grund dafür war, warum TDF die Media Broadcast wieder abgestoßen hatte: Für TDF wären Infrastrukturen von strategischem Interesse gewesen. Solche besaß die Media Broadcast aber gerade nicht, sondern nur, was dieses Thema hier betrifft, Mietverträge für Montageplätze an den Antennenträgern der DFMG (über den Wert der vorhandenen Antennen selbst gibt es recht unterschiedliche Meinungen). Freenet wiederum interessierte sich für die Möglichkeit, eine Fernsehplattform aufzuziehen, bei der die terrestrische „Grundversorgung“ der öffentlich-rechtlichen Anstalten letztlich ein Abfallprodukt ist.
Was die „Gemeingüter“ betrifft, ist die offizielle Lesart ja die einer demokratisch legitimierten Verwaltung durch die Landesmedienanstalten und ihre Gremien (als Medienrat, Versammlung o.dgl. bezeichnet). Ergebnis sind dann solche Alibis wie die Kirchenbeiträge im Radio oder die Drittsendeplätze im Fernsehen. Sicher wäre es sinnvoll, sich da mal, um eine gerade modische Phrase aufzugreifen, ehrlich zu machen.
Das Kind ist doch bereits viel eher in den Brunnen gefallen. Die Bundespost als Garant für Kommunikation ohne willkürlichen Zugriff des Kapitals hätte niemals privatisiert werden dürfen. Bereits damals war nahezu „alternativlose“ Infrastruktur aus den Händen des Volkes gegeben worden. Und noch etwas: wenn Herr Zimmermann was von „Gemeingütern“ spricht, dann sei ihm gesagt: Gemeingüter hätten auch nicht mit Privatfunk bespielt werden dürfen. Nie. Niemals. Ganz einfach deshalb, weil Privatfunk rein privatwirtschaftlichen Interessen dient.
Wie es hätte richtig laufen können: Sender / Antennen / Antennenträger / Grundstücke der öffentlich-rechtlichen Programme in die Hand der öffentlich-rechtlichen Programme geben. Für Privatfunk von Anfang an konsequent getrennte neue Standorte aufbauen und von Anfang an (inkl. Planung und Aufbau) dem Markt überlassen, denn Privatfunk ist „Markt“ und nichts anderes als „Markt“. Der Privatfunk hat hinsichtlich Infrastruktur massiv davon profitiert, dass einst für die Verbreitung relevanten (öffentlich-rechtlichen) Rundfunks mit Finanzierung durch „das Volk“ Sendeanlagen aufgebaut wurden, die er einfach mitnutzen konnte (an den Großsender-Standorten zumindest, die wir in Ostdeutschland häufig haben).
Dann hätten wir heute die bestehende Problematik ausschließlich bei den Privaten – und wenn deren Geschäftsmodell durch Marktentwicklungen nicht mehr rentabel ist, war es das dann halt mit Privatfunk. Ein Schaden für die Gesellschaft würde dadurch nicht eintreten, im Gegenteil. Erst seit Bestehen des Privatfunks ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk Schritt für Schritt in den qualitativen Abgrund gegangen. Ich hätte absolut nichts gegen ein Ende des Privatfunks. Vielleicht würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk dann wieder in Summe seiner Programme relevanter und nutzbarer.