Was: Interview zum Verkaufsprozess der UKW-Antennen und -Sendeanlagen durch die MEDIA BROADCAST Wer: Michael Radomski, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, UPLINK Network GmbH Wo: Leipzig, Media City, Studio 5 (am Rande der Medientage Mitteldeutschland) Wann: rec.: 26.04.2018, 18:37 Uhr; veröffentlicht im radioeins-Medienmagazin vom 28.04.2018, 18:48 Uhr
Vgl.:
* Telefoninterview mit Wolfgang Breuer, Geschäftsführer MEDIA BROADCAST | 15.09.2017
* Telefoninterview mit Prof. Dr. Hansjürgen Rosenbauer, Medienratsvorsitzender der MABB | 13.04.2018
* Podiumsdiskussion „Die Zukunft von UKW – Lufthoheit am Sendemast | Medientage Mitteldeutschland | 26.04.2018
* Die UKW-Krise aus Sicht der MEDIA BROADCAST, Interview mit Wolfgang Kniese, Chief Financial Officer (CFO), Geschäftsführer, MEDIA BROADCAST | 04.05.2018
[00:00:00] Michael Radomski: Ja, Michael Radomski. Ich bin Gründer und Geschäftsführer der UPLINK Network GmbH. Wir sind Sendernetzbetreiber vornehmlich im UKW-Betrieb.
[00:00:06] Jörg Wagner: Und Sie sind sogar eigentlich de facto jetzt schon UKW-Netzbetreiber für den Rundfunk Berlin-Brandenburg. Sie haben die Antennen … haben Sie die Antennen gekauft im Sendegebiet des rbb? Oder ist da noch irgendwas dazwischen?
[00:00:20] Michael Radomski: Nein, also die Antennen haben wir nicht gekauft. Richtig ist, dass wir seit dem 01.04. Dienstleister für den rbb, für den kompletten UKW- Rundfunk sind und die Antennen haben wir in der Vergangenheit gemietet und gehen derzeit davon aus, dass wir die auch in Zukunft mieten werden.
[00:00:32] Jörg Wagner: Das müssen Sie jetzt mal erklären für Leute, die einfach nur das Radio anmachen. Da gibt es also eine Antenne, die ist an einem Mast. Der Mast gehört jemandem. Die Antenne gehört jemandem und das Kabel an der Antenne bis zum eigentlichen Sender, dem Gerät, das sozusagen die elektromagnetischen Wellen erzeugt, gehört jemandem. Und dann gibt es die Signalzuführung vom rbb. Was haben Sie jetzt tatsächlich in Besitz? Und wo holen Sie Dienstleistungen dazu?
[00:00:53] Michael Radomski: Genau. Also, in der Regel macht der Veranstalter, wie der rbb oder ein privater Veranstalter das Programm im Studio. Von da geht es dann über Leitungen – das kann man sich fast wie eine DSL-Leitung nur natürlich mit viel mehr Qualität vorstellen – an die einzelnen Senderstandorte. Das sind hohe Türme, Masten. Der Alex ist natürlich der bekannteste und auf dem Alex haben wir dann unsere Technik stehen, die die Leitungs- … die Signale entgegen nimmt und die dann vor allen Dingen die Verstärkung des Stroms vornimmt, die dann auf die Antenne geht.
[00:01:19] Jörg Wagner: Aber jetzt nochmal, was gehört Ihnen? Nehmen wir den Alexanderplatz als Beispiel. Über dem Café sind wahrscheinlich die Sendeanlagen. Die gehören Ihnen. Die haben Sie da schon stehen?
[00:01:28] Michael Radomski: Genau. Das ist richtig. Also, die Sendeanlagen, die sind zum Teil gerade auf dem Alex sehr groß. Das sind einige Quadratmeter. Das sind riesige Anlagen. Wir haben da einen Stromverbrauch, wer sich auskennt, von fünfzig, sechzig Kilowattstunden. Also, das ist schon mehr, als ein Haushalt oder mehrere Haushalte im Jahr verbrauchen.
[00:01:43] Jörg Wagner: Zur Zeit läuft da ja Radiobetrieb. Über welche Anlagen läuft der Radiobetrieb? Sind das Ihre?
[00:01:48] Michael Radomski: Genau das ist der Punkt. Also, die Antennen, wie gesagt, die hängen da. Die Sender kann man relativ einfach austauschen. Anders als die Antennen. Und derzeit laufen noch die Sender der Media Broadcast. Normalerweise gibt es dann einen Übergangszeitraum, weil man eben nicht mehrere hundert – bei uns sind es bundesweit mehrere hundert Sender – auf einen Tag austauschen kann. Von daher tauscht man sowas etwa 50 Sender pro Monat aus. Und das fordern wir gerade von der Media Broadcast ein.
[00:02:12] Jörg Wagner: Und warum können Sie nicht die alten Sender von der Media Broadcast nehmen?
[00:02:15] Michael Radomski: Die sind so alt, weil dort aus unserer Sicht nie reinvestiert wurde, dass sie völlig ineffektiv arbeiten, einen wahnsinnigen Personalstand benötigen. Unsere sind viel effizienter, verbrauchen weniger Strom tatsächlich, weniger Betriebsaufwand und deshalb ist allein schon aus dem Grund für uns ganz wichtig, dass unsere Sender dort laufen und nicht die teuren der Media Broadcast.
[00:02:34] Jörg Wagner: So und jetzt kommt’s zum kritischen Punkt. Die Antennen, das sind so ganz kleine Elementantennen, die an der rotweiß-lackierten Antennenträger-Konstruktion dran sind. Die gehören jetzt nicht mehr der Media Broadcast, sondern neuen Besitzern, die man nicht kennt. Aber Sie müssen ja Verträge mit denen machen. Also, Sie kennen die schon, oder?
[00:02:49] Michael Radomski: Also, in Berlin kennen wir die schon. Das sind also gelinde gesagt Finanzinvestoren. Wir nennen sie mittlerweile Spekulanten, weil sie das einfach gekauft haben, um damit möglichst viel Geld zu verdienen. Und wir glauben oder sehen, viel mehr Geld, als man normalerweise als Unternehmer erwarten würde.
[00:03:06] Jörg Wagner: Können Sie eine Größenordnung nennen? Wieviel teurer wäre das Paket jetzt? Was ja letzten Endes der Beitragszahler bezahlen muss, weil Sie reichen es ja dann an uns durch, oder?
[00:03:15] Michael Radomski: Also, bundesweit können wir sagen, sind die Preissteigerungen irgendwo bei 30 bis 40 Prozent. Würde man über eine Preissteigerung von fünf oder zehn Prozent sprechen, wäre das viel Geld, aber noch irgendwo nachvollziehbar bei einem Verkauf. Aber das, was da gefordert wird, ist völlig maßlos.
[00:03:28] Jörg Wagner: Nun kann man ja sagen, das hätten Sie wissen können und sich gar nicht, um diese Antennen-Vermietung in dem Fall ja kümmern brauchen. Warum sind Sie dennoch in das Geschäft eingestiegen?
[00:03:38] Michael Radomski: Wir sind immer von einem vernünftigen Mietpreis ausgegangen. Der ist mal reguliert worden, weil ein Gut, das eben nicht alternativ ist, wo es eben keinen Vergleich gibt, hat keinen Markt, hat keinen Wettbewerbspreis. Die Bundesnetzagentur hat einen Als-ob-Wettbewerbspreis festgelegt. Und das ist ein guter Preis. Dagegen haben wir allerdings auch mal gerechnet, was würde es denn kosten, wenn wir alle Antennen neu aufbauen würden, die wir brauchen und auch den Preis haben wir als unseren Maximal-Preis angesetzt. Wir sind aber nicht auf die Idee gekommen, dass so ein Verkaufsvorgang, Antennen, die abgeschrieben, alt sind, zu einem höheren Preis verkauft werden, als ein Neubau kosten würde. Also, das war außerhalb unserer Vorstellungskraft.
[00:04:14] Jörg Wagner: Nun kann man ja sagen, das ist die freie Wirtschaft. Die ist ja extra dereguliert worden, damit nicht jemand eingreifen muss. Es gibt keinen Monopolisten mehr. Es gibt verschiedene Antennen-Besitzer. Man redet von 30. Aber dennoch ist das für einen Außenstehenden völlig wirr, wieso die Preise hochgehen, wenn man gerade den Markt dereguliert hat. Und Sie sagten „Spekulanten“ und so weiter, da muss es doch irgendwie staatlicherseits eine Möglichkeit geben, zu sagen: Nee, das haben wir alles nicht gewollt. Hier machen wir einen Deckel rüber. Gibt es so eine Lösung?
[00:04:41] Michael Radomski: Glauben wir. Ja. Also, wir glauben, dass die Politik das Problem gerade durch die Abschaltdrohung, die durch die Presse ging, jetzt erkannt hat und auch reagieren wird. Ansonsten, wenn jemand etwas kauft, soll er natürlich auch das, was er dafür bezahlt hat, irgendwann zurückbekommen. Das ist Markt. Aber wenn es der Markt nicht hergibt und das nur deshalb gefordert werden kann, weil ich eine Monopolstellung habe. Dann muss natürlich reguliert werden.
[00:05:01] Jörg Wagner: Aber wo ist jetzt die Monopolstellung, wenn es 30 Antennenbesitzer gibt?
[00:05:05] Michael Radomski: Also, wie gesagt es sind fünf, die etwa 70 Prozent der Antennen gekauft haben. Und das sind diese fünf Spekulanten. Da ist schon ein System hinter. Da gibt’s noch ganz viele andere Dinge, die auch darauf zeigen, dass diese Fünf sehr zusammenarbeiten, werden alle von dem gleichen Anwalt vertreten, haben alle die gleichen Verträge, wortgleich. Schreiben identische Briefe auf unterschiedlichen Briefköpfen. Also, das ist schon sehr auffällig. Und vom Preis her sehen wir einfach, dass die einen ein Vielfaches fordern von dem, was jemand fordern würde, der jetzt ein nachhaltiges Geschäft machen möchte.
[00:05:34] Jörg Wagner: Schreiben Sie sich nur mit dem Anwalt oder kennen Sie tatsächlich die Menschen, die damit spekulieren?
[00:05:38] Michael Radomski: Wir kennen leider die Menschen. Das ist von … bis. Das sind fünf unterschiedliche, scheinbar handelnde Personen. Wir glauben, da sind noch andere Personen im Hintergrund. Alle fünf haben mehr oder weniger einen Bezug zur Freenet, zur Mutter der Media Broadcast. Da ist ein ehemaliger Finanzvorstand, der Freenet dabei. Da sind auch noch andere Beziehungen, die man relativ schnell erkennt. Und wir müssen sagen, die Gespräche waren meistens unerquicklich und zum Teil sehr unerfreulich.
[00:06:03] Jörg Wagner: Nun könnte man ja denken, das ist erstmal ein Wirtschaftskrimi zum ersten. Zum zweiten, was läuft da überhaupt ab? Die Media Broadcast verkauft ja die Antennen oder hat sie verkauft, weil das Geschäft für sie keinen Wert mehr hat. Man konzentriert sich auf das Digitalgeschäft. Aber wenn Sie jetzt sagen, da ist die Freenet trotzdem wieder drin, was ist denn aus Ihrer Sicht die Logik bei der ganzen Sache?
[00:06:23] Michael Radomski: Also, die Logik ist auf jeden Fall, dass die Media Broadcast gerade nicht aus dem Markt aussteigt, wie sie behauptet. Sie hat ihr Eigentum verkauft und das so, dass jetzt die Regulierung erst einmal, die es gab ausgehebelt ist, aber den Betrieb für all diese Antennen und sogar noch für die Sender teilweise macht weiterhin die Media Broadcast und auch langfristig mit sehr lang laufenden Verträgen. Also, da ist überhaupt gar kein maßiger Ausstieg.
[00:06:43] Jörg Wagner: Ich will nicht, dass Sie jetzt irgendwie in juristische Verwicklungen geraten, weil Sie mir dieses Interview geben. Haben Sie denn für Ihre Behauptung tatsächlich wasserdichte, juristisch feste Belege?
[00:06:53] Michael Radomski: Also, da hab ich wenig Sorgen, weil alles was ich Ihnen gesagt habe, können wir belegen bzw. sind dann auch Meinungen von uns. Aber ich bin mir sehr sicher, dass ich Ihnen nichts gesagt habe, wo ich Angst haben müsste, dass das angreifbar wäre.
[00:07:04] Jörg Wagner: Vielleicht noch zum Schluss, mit welcher Hoffnung sehen Sie auf den dann ja doch 30.06. bzw. den 1. Juli, wenn der Markt sozusagen nicht mehr von der Media Broadcast … naja … unterstützt wird? Also, das ist ja jetzt so ein Hilfsangebot, nennen wir es mal so, sie haben gesagt, also bis hier alle Verhandlungspartner in die Puschen kommen, machen wir das noch weiter. Gibt es tatsächlich Hoffnung, dass in den verbleibenden Tagen dann noch was gewuppt wird?
[00:07:29] Michael Radomski: Definitiv. Wir stellen mittlerweile schon um. Wir haben also bei den anderen 25 Käufern schon einige Verträge, kommen da sehr schnell vorwärts. Die Media Broadcast findet das nicht gut. Das finden wir auch sehr verwunderlich, dass die uns im Grunde ein bisschen behindern, umzustellen. Aber auch bei den Fünfen werden wir jetzt darauf drängen, dass unsere Sender angeschaltet werden. Weil, das macht ja für die keinen Unterschied, ob ein Sender der Media Broadcast oder einer von uns darauf läuft. Der einzige Unterschied ist, läuft unser Sender, kann keiner mehr uns die Kette abschalten und mit Abschaltung drohen.
[00:07:59] Jörg Wagner: Und es ist natürlich, auch wenn Ihre Sender laufen … wenn Sie Verträge haben und fremde Sender laufen, das ist ja auch irgendwie eine seltsame Konstruktion, oder?
[00:08:09] Michael Radomski: Genau, weil wir jetzt eigentlich auch technisch verantwortlich sind für Sender, an die wir gar nicht rankommen. Also, das ist auch tatsächlich gar nicht gut. Das war immer mal so für einen Übergangszeitraum, aber der sollte möglichst kurz sein. Diese Sender laufen, auch wenn sie alt sind eigentlich immer noch relativ stabil. Aber es gibt natürlich Zuständigkeitsprobleme und diese alten, abgeschriebenen Sender werden uns von der Media Broadcast mit einem irrsinnigen Preis momentan berechnet. Obwohl unsere Sender schon fertig daneben stehen, wo wir schon rein investiert haben.