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Jörg Wagner: Patricia Schlesinger, mit Blick auf die ARD-Strukturreform und einer möglichen Beitragsstabilität, wo sehen Sie die wichtigsten Aufgaben für den rbb im 16. Jahr seines Bestehens?
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Patricia Schlesinger: Die erste große Aufgabe ist, die Programmvielfalt in der Qualität aufrechtzuerhalten, wenn möglich noch zu verbessern. Die zweite ist die Kosten senken, ohne dass das Programm daran leidet. Das heißt, die Produktion der Zukunft muss heißen: neu Übertragungsmöglichkeiten, schlankere Technik, neue Berufsbilder zu suchen und das zu implementieren in unserem Sender.
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Jörg Wagner: Dennoch gibt es ja einen gesellschaftlich Druck. Die Volksabstimmung in der Schweiz zum gebührenfinanzierten Rundfunk hat da auch verschiedene Problemfelder stärker hervortreten lassen. Einerseits, dass nichts selbstverständlich ist, andererseits, dass, wenn es eine Alles-oder Nichts-Entscheidung gibt, plötzlich der Wert zu Tage tritt, der im Alltag kaum wahrgenommen wird. Wie wollen Sie stärker ins Bewusstsein heben, dass der rbb eigentlich unverzichtbar ist?
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Patricia Schlesinger: In erster Linie durch nachhaltige, verlässliche Informationen, auch in der Region und für die Region. Wir gehen nicht erst in die Region, wenn es brennt und sind dann einfach wieder weg, sondern wir sind, das wissen Sie, vor Ort. Wir haben Studios in Cottbus, in Frankfurt/Oder. Wir haben feste Teams in Prenzlau und Perleberg. Wir haben Vor-Ort-Formate gesendet. Das werden wir eher fördern, also mehr machen aus der Region und dank der föderalen Struktur der ARD mit seinen Dritten Programm, wie eben auch im rbb-Fernsehen, erreicht unser Programm regelmäßig die Bevölkerung im ganzen Bundesgebiet. Das heißt, quer durch alle Generationen, in allen gesellschaftlichen Gruppen. Und das ist uns wichtig. Und in einer Zeit, in der die Gesellschaft zunehmend fragmentiert ist, schafft der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch eine gemeinsame Öffentlichkeit für den gesellschaftlichen Diskurs. Es gibt gerade eine neue Reichweitenstudie, die sehr deutlich macht, dass wir über 80% der Menschen erreichen mit unseren Informationen. Und das ist doch wichtig. Das ist doch wichtig und das macht den Wert aus, den wir anbieten können, nicht nur können, eigentlich müssen.
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Jörg Wagner: Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit, der Fehlerbeseitigung und zur Nutzerbindung „leisten“ sich manche Medien Ombudsleute. Denken Sie, dass auch die Öffentlich-rechtlichen Ombudsleute bräuchten? Also, die den Kontakt herstellen zwischen der eigentlichen Geschäftsführung und den Nutzern?
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Patricia Schlesinger: Ja, diesen Trend, dass sich Medienunternehmen Ombudsleute zunehmend leisten, verfolge ich auch. Werbung macht damit auch die eine oder andere Zeitung. Das ist richtig. Wir haben natürlich Ombudsleute tatsächlich, nämlich 30. Wir haben 30 Rundfunkräte, die Ombudsleute sind, die dafür da sind, zu überwachen und zu gucken, liefern wir das Richtige ab inhaltlich? Hinzu kommt, wir haben zahlreiche Wege, die Zuschauer, Hörer und Nutzer auch nutzen, um sich an uns zu wenden. Also, allein in unserer Service-Redaktion gehen täglich zahlreiche E-Mails ein, Anrufe et cetera. Sie glauben gar nicht, wie viel Menschen uns schreiben und sich an uns wenden. Ist das Kritik, dann setzen wir uns damit dezidiert auseinander. Jede Kritik erreicht wirklich auch die Redaktion am Ende, die, die dafür zuständig ist.
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Jörg Wagner: Was ist Ihr Wunsch zum rbb-Geburtstag in Richtung Ihrer kommerziellen Mitwettbewerber? Gibt es ein Geschenk z. B. an die Verleger? Weniger Online-Text, mehr Kooperationen?
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Patricia Schlesinger: Na, eigentlich ist ja so, dass ein Geburtstagskind Geschenke bekommt, also eigentlich funktioniert das ja andersrum. Also, um die Frage ernsthaft zu beantworten: Wir ziehen uns definitiv nicht aus dem Netz zurück. Das wäre der Tod auf Raten. Für uns ist es wichtig, dort zu sein, wo vor allem in erster Linie junge User, Nutzer unterwegs sind. Das ist ganz wichtig. Das heißt, rbb24, die Online-Nachrichten haben wir neu aufgestellt. Wir haben mehr Personal. Wir haben auch ein bisschen mehr Geld dorthin getan. Wir haben jetzt unsere Seite tatsächlich erneuert. rbb24 hat mehr Videos, mehr multimediale Inhalte und auch einen leichteren Zugang, einen direkteren Zugang zum Live-Programm und das ist ganz wichtig, aber wir werden auch nicht weniger Text haben. Die gemeinsame Plattform, die der ARD-Vorsitzende Wilhelm ins Spiel gebracht hat, halte ich für eine wirklich gute Idee, die gemeinsame Plattform zu schaffen für öffentlich-rechtliches Gut, all das, was wir in unseren Archiven haben, was wir anzubieten haben, vielleicht sogar gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Institutionen: Museen Hochschulen etc., halte ich für eine wirklich, gute Idee, die verfolgenswert ist.