Schlesinger: „Wir müssen dringend unser Tempo steigern“

Patricia Schlesinger | Foto: © Jörg Wagner
Patricia Schlesinger | Foto: © Jörg Wagner

Wer: Patricia Schlesinger, rbb-Intendantin
Was: Eröffnungsrede, „top of the docs“
Wo: Meistersaal, Köthener Str. 38, 10963 Berlin
Wann: 13.02.2019, ca. 18:23 Uhr

Patricia Schlesinger - Stephan Lamby | Foto: © Jörg Wagner
Patricia Schlesinger – Stephan Lamby | Foto: © Jörg Wagner

Wer:
* Patricia Schlesinger, rbb-Intendantin
* Stephan Lamby, Dokumentarfilmer und Produzent
Was: Doppelinterview am Rande der ARD-Doku-Schau „Top of the Docs“ über die Primetime
Wo: Meistersaal, Köthener Str. 38, 10963 Berlin
Wann: 13.02.2019, ca. 19:53 Uhr

Vgl.: Dankesrede Stephan Lamby, Preisverleihung „Journalist des Jahres“

(Redeauszug)
(…)

[4:20] Im vergangenen Jahr zeigte „Das Erste“ und die „Dritten“ in der Erstausstrahlung insgesamt 2.280 Stunden Dokumentationen und Reportagen. 2.280 Stunden. Das ist täglich von 2017 auf 2918 noch mal gesteigert übrigens: 6 Stunden 15 Minuten. Dokumentationen und Reportagen. Jeden Tag.

Jörg hat recht, man muss auch mal sagen, wo wir gut sind. Das ist gut.

(Beifall)

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen erfüllt mit diesen Formaten seine wichtigste Funktion: Es informiert, es verbindet, es erzählt, manchmal eben auch so schön unterhaltsam, excellent recherchierte, spannende Geschichten und trägt zum – im besten Fall – gesamtgesellschaftlichen Verständnis zum Miteinander bei. Mit einem Wort: Es geht um ‚Relevanz‘.

[5:12] Es zeigt künstlerisch, klassisch, historisch, experimentell im Genremix von Doku-Fiktion oder dokumentarisch-journalistisch, woher wir kommen, wohin wir gehen – im besten Fall. Auf jeden Fall zeigt es uns gerade, wer wir sind. Das gelingt in dieser Dichte – und davon bin ich sehr überzeugt – nur Dokumentationen und deshalb sind sie unverzichtbar. Deshalb senden wir, also die ARD, nicht nur in der späten Nacht, sondern selbstverständlich auch weiterhin in der wichtigsten Sendezeit. 20:15 Uhr, 21 Uhr – wir reden über Primetime. Im vergangen Jahr haben wir das mit „Deutschland bewegt“ getan, Anfang Dezember um 20:15 Uhr kam der „Machtkampf – wer folgt auf Merkel?“ von Stephan Lamby, der hier ist. Er ist der Journalist des Jahres, wurde gerade gekürt. Stefan noch mal herzlichen Glückwunsch. Er steht irgendwo da hinten.

[6:14] Selbstverständlich werden wir auch die Europawahl mit Dokumentationen begleiten. Die senden wir auch um 20:15 Uhr. 20:15 Uhr, ich rede viel von Uhrzeiten. Zugegeben vielleicht zu viel. Am Ende des Jahrzehnts, über das vielleicht irgendwann in der Zukunft, vielleicht gar nicht soweit hin, jemand auf einer womöglich dann nur noch virtuellen Festivalbühne sagen wird: 2019,
2019 war das Streaming in seinem Frühling, die Abozahlen blüten.

[6:52] Die trommelnden Hufschläge der globalen Plattform-Giganten, die uns jagen, hören wir, glaube ich, alle. Es ist das Gesprächsthema auf der Berlinale. Manche behaupten, sie hätten die Öffentlich-Rechtlichen schon eingeholt. Wieder andere sagen bereits niedergetrampelt. Fest steht: der Galopp um die Aufmerksamkeit der Medien-Nutzerinnen und -Nutzer ist in vollem Gang. Und wir müssen dringend unser Tempo steigern, glaube ich. Das betrifft unsere Entscheidungen, unsere Entscheidungswege, die häufig zu lang sind. Es betrifft auch unsere Stoffe. Es betrifft auch die Machart, sage ich allen, die hier im Raum sind: wir brauchen andere Machart hin und wieder. Wir brauchen – das stellt auch neue, andere Anforderungen an Sie. Und das betrifft auch natürlich andere Themen. Vielleicht auch breitenwirksamere Themen, die nicht nur ein Nischen-Publikum erreichen können. Tempo erhöhen, meint aber auch ganz besonders: unsere digitale Beweglichkeit und Entwicklungskompetenz.

[7:52] Wie lange werden Menschen, die jeden Monat für uns zahlen und das immer unwilliger, noch Verständnis dafür aufbringen, wenn wir ihn mit Lizenzrechten oder komplizierten Gesetzmäßigkeiten versuchen zu erklären, dass sie so interessante, so hochgelobte Dokumentationen wie „Kulenkampffs Schuhe“, nach sieben Tagen eben nicht mehr in ihrer Mediathek finden? Ich glaube wirklich, die Geduld mit uns ist begrenzt und vielleicht ist sie ja auch schon fast ausgelaufen. Was wir jetzt rauszögern, hat ganz bald einen hohen Preis.

(…)








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