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Tomas Fitzel: Tomas Fitzel, ich arbeite seit ungefähr Ende der 90er Jahre für damals noch SFB, jetzt Kulturradio, jetzt schon wieder nur noch rbbKultur. So. Ich bin einerseits Kultur-Journalist, hab’ also auch viele Dinge berichtet über das Humboldt-Forum, über Kulturpolitik hier. Aber so auch mein Spezialgebiet ist eigentlich auch der Umgang mit Tönen. Also ich produziere sehr viele Porträts, arbeite aber auch für das Feature. Gerade ist ein neues Feature von mir produziert worden über fünfzig Jahre nGbK und ich wurde für ein Feature auch 2013 mit dem “Prix Europa” ausgezeichnet.
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Jörg Wagner: Also, Sie blicken relativ lange zurück auf eine … ja wechselvolle Geschichte des Kulturangebots von ORB und SFB und dann vereinigt im rbb. Wie ist denn nun diese Etat-Kürzung bei Ihnen in der Redaktion angekommen? Wann haben Sie zum ersten Mal davon erfahren?
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Tomas Fitzel: Also, wir haben am 6. Juni davon erfahren. Da muss man sagen, zwei Tage vorher saßen wir noch mit unserem Programmdirektor zusammen, wo der neue Honorar-Rahmen erklärt wurde, den auch Jan Schulte-Kellinghaus begrüßt hatte. Kurze Erklärung: Über viele Jahre wurde verhandelt. Das Ziel war eigentlich: Gleiche Honorare für Festangestellte wie freie Mitarbeiter und gleichzeitig sollten die Honorare auch untereinander angeglichen werden. Dieses Ziel haben wir – gleiche Löhne für gleiche Arbeit – indem Sinn nicht erreicht. Aber wir gingen natürlich davon aus: Das wird teurer. Es muss also auch mehr Geld ins Programm fließen. Deswegen wollte ich eigentlich noch dem Programmdirektor schreiben, weil alle so die Furcht hatten, es wäre ja eine paradoxe Intervention, wenn jetzt rauskäme: Eigentlich wird gekürzt. Und genau das war das Ergebnis. Statt eigentlich, dass man erwarten konnte, es gibt irgendwie eine Budgetanhebung, kam am zwei Tage später, dass das Budget von Kulturradio – also der Programmetat – um eine Million gekürzt werden soll. Und das sind eben doch erheblich 20 Prozent aus dem Programmetat, die nicht irgendwie so mit kleinen Stellschrauben bewältigt werden können, sondern das sind schon massive Einschnitte. Einfach um mal eine Zahl zu nennen: Wir produzieren Hörspiele und Feature im ganzen Jahr für eine Summe, die ungefähr einem halben ARD-Tatort entsprechen. Das sind 800.000 Euro. Selbst wenn wir die alle wegstreichen würden, kämen wir immer noch nicht mit der Einsparsumme hin.
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Jörg Wagner: Aber nun ist es ja so defacto, dass der Rundfunkbeitrag seit 2009 nur einmal sogar abgesenkt wurde, aber im Grunde genommen stabil ist, bei diesen 17,98 Euro/ 17,50 Euro pro Haushalt und dass, wie es jetzt aussieht, erstmal auch kein Geld neu reinkommt. Vierzig Millionen Defizit entstehen dadurch jetzt ab 2021, die ja irgendwo herkommen müssen. Gibt es da von Ihrer Seite aus, von Ihren Kolleginnen und Kollegen vielleicht auch kreative Ideen, was man da machen kann?
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Tomas Fitzel: Also, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir zukünftig sehr viel effizienter und ökonomischer arbeiten müssen. Und dazu brauchen wir aber auch andere Arbeitsstrukturen, auch anderen Umgang mit den Mitarbeitern. Da gibt es überhaupt noch gar kein effizientes und ökonomisches Denken. Es ist immer die Ausgangslage: Wir müssen billiger werden, also es muss etwas gestrichen werden. Ich will es einmal an einem Beispiel erläutern. Es werden Freie Mitarbeiter für eine bestimmte Tätigkeit beschäftigt. Es wird eine neue Tätigkeit gebraucht, dann beschäftigt man neue Mitarbeiter zusätzlich. Statt mal zu gucken, was sind eigentlich unsere Mitarbeiterressourcen? Was können die alles noch zusätzlich? Also wie können wir die sehr viel besser nutzen? Und da ist jetzt gerade der SWR mit einem sehr gutem Beispiel vorangegangen. Nämlich die haben gesagt, für diesen Umbau, den wir notwendigerweise brauchen, auch den digitalen Umbau, die Urheberrechte, all das, was heute mit zusammenkommt … wir können nicht mit diesem eigentlich auch sehr alt hergebrachten Autoren-Begriff weiter arbeiten und diesen Urheberrechten. Wir wollen quasi von den Mitarbeitern, ihre ganze Kreativität, die wollen wir verwenden können: Deswegen gebt uns eure Urheberrechte und wir geben dazu im Gegenzug quasi Sicherheit und einigermaßen anständige Honorare. So funktioniert [das], dass man erst eine Struktur verändert und nicht umgekehrt erst mal mit einer Kürzung kommt, die am Ende eigentlich nur die Beharrungskräfte stärkt, weil jeder eigentlich Angst hat. Wenn jeder das Messer auf der Brust hat, was wird da groß rauskommen? Da kann man nicht verlangen: Zeigt mehr Mut, zeigt mehr Wagemut! Ihr müsst was ganz anderes machen! Sondern, man muss eigentlich erst einmal gucken, wie bauen wir die Strukturen um, um vielleicht so ein Ziel am Ende zu erreichen, dass wir sagen, ja – wir sind auch ökonomischer und billiger geworden und am Ende kostet es eine Million weniger. Aber erst muss man erst einmal quasi die Struktur öffnen und diese Möglichkeiten zeigen, wie man anders arbeiten kann, wie man effizienter, ökonomischer arbeiten kann. Da fehlt es ja im rbb immernoch an Zusammenarbeit. Immer noch arbeiten wir oft viel zu sehr nebeneinander her, gerade wenn es auch um so einen wichtigen Bereich geht: Recherche im Kulturbereich, ja? Kultur wird immer so als was Schönes betrachtet, das man kritisieren kann, dass die Premiere nicht geklappt hat, dass die Ausstellung schlecht ist. Kultur ist in Berlin aber auch ein großer Wirtschaftsfaktor. Da muss man auch hinter die Kulissen schauen können. Was passiert in der Volksbühne und so weiter? Da müssen wir auch recherchieren können und da müssen wir zum Beispiel unsere Kräfte sehr viel besser bündeln. Und das können wir auch. Und da können wir auch effizientere Strukturen am Ende herstellen.
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Jörg Wagner: Nun hat ja der rbb-Programmdirektor Schulte-Kellinghaus ja eben gerade in diesem Interview erzählt, dass er jetzt nicht rum geht und einen Masterplan verkündet, sondern dass er genau auf solche Ideen hofft, die Sie gerade artikuliert haben. Gibt es da eine demokratische Spielfläche, wo man sowas fair austauscht? Also ist Ihre idee zum Beispiel, sich dem SWR da anzunähern in dem Modell auch mit Lizenzen und so weiter … ist das realistisch, dass Sie das dan in anderthalb Jahren gewuppt kriegen?
[5:49]
Tomas Fitzel: Also, aktuell sehe ich das nicht, weil wir haben 16 Jahre für den Honorar-Rahmen gebraucht, um den so zu verhandeln, wie er jetzt ist, wo ich sagen würde, in vielen Strukturen, ist er eigentlich nicht das, was wir heute oder was wir morgen brauchen, sondern wir brauchen eine ganz andere Struktur, eine andere Vergütung, einen anderen Umgang mit den Freien Mitarbeitern, sie wirklich einzubeziehen. Die Strukturen können nicht von unten kommen. Diese Entscheidung, dass Freie Mitarbeiter anders betrachtet werden und auch auf Augenhöhe die Möglichkeit haben, sich einzubringen, die muss ich natürlich schaffen. Ich kann nicht erwarten, dass die Redakteure, dass die Strukturen von sich aus Macht abgeben werden und mit den Freien Mitarbeitern plötzlich auf Augenhöhe diskutieren werden. Also, da muss ich dann schon auch von der Geschäftsleitung, von der Direktion erwarten, dass er sagt: Ok, wir ändern das hier und das muss anders laufen.
[6:40]
Jörg Wagner: Das hört sich jetzt für mich eher so nach Arbeitskampf an, denn als … ja gemeinsam Hinsetzen. Gibt es sowas wie ein “rbb-Grillen von unten”?
[6:49]
Tomas Fitzel: Ein rbb-Grillen von unten? Ich würde es nicht als Grillen … sondern wir brauchen … wir müssen eine Diskussion voran schieben. Und ich glaube, das wird vielleicht auch jetzt deutlich, dass es so nicht funktioniert, dass wir das Pferd von hinten aufzäumen. Wenn wir quasi erst sagen: Kürzung und dann quasi die Erwartung ist, dann stellen sich von allein die neuen Strukturen ein, die wir dazu brauchen.
[7:10]
Jörg Wagner: War rbbKultur als Dachmarke nicht ein erster Schritt, um gerade Synergien zu schaffen und auch vielleicht effizienter zu arbeiten, dass das ein Weg in die richtige Richtung ist? Oder war das nur Kosmetik?
[7:21]
Tomas Fitzel: Ja, deswegen war es besonders paradox, dass jetzt gerade die Kürzung kommt, wo gerade Ex-Kulturradio diese große Anstrengung unternommen hat, um diese Online-Plattform zu schaffen, die bisher eigentlich immer noch unvollkommen ist. Eigentlich ist sie bisher noch eine Chimäre, denn radioeins und Inforadio, die ja auch, wie Herr Schulte-Kellinghaus sagt, die machen natürlich auch Kulturprogramm. Aber bislang haben sie sich eigentlich dieser Zusammenarbeit verweigert. Und das ist ja eigentlich paradox, dass jetzt nicht radioeins quasi gesagt wird: Na okay, wenn ihr euch an dieser gemeinsamen Anstrengung nicht beteiligt, dann müssen wir euer Budget kürzen, sondern Kulturradio, die gerade jetzt gesagt haben: Okay, wir geben unsere Ressourcen in das gemeinsame Projekt rein, bekommen jetzt als paradoxe Quittung die Antwort: Aber jetzt streichen wir euer Budget. Also ich glaube nicht, dass gerade dieses Zeichen … ist ja gerade ein gegensätzliche Zeichen. Da werden alle sagen: Das kommt ja raus, wenn wir gemeinsam zusammenarbeiten.