Pastewka, Bastian

Bastian Pastewka (04.04.2008) | Foto: © Jörg Wagner

Wer:
* Bastian Pastewka, Comedian, Autor, Schauspieler
* Jörg Wagner, Fragesteller
Was: Interview über die Bilanz nach 15 Jahren „Pastewka“
Wann: 06.02.2020, 16:00 Uhr | veröffentlicht im radioeins-Medienmagazin vom 08.02.2020, 18:33 Uhr
und in einer gekürzten Fassung im rbb-Inforadio vom 09.02.2020, 10:44/17:44 Uhr
Wo: Berlin <----> Nirgendwo



(wörtliches Transkript, Hörverständnisfehler vorbehalten)

(CTU-Klingeln)

[0:01] Jörg Wagner: Kawumba Satatoa, Bastian Pastewka!

[0:04] Bastian Pastewka: Ich freue mich. Ein Afrika-Scherz, herzlichen Dank! Das heißt, Sie haben die Serie schon gesehen? Das ist toll.

[0:08] Jörg Wagner: Ich habe fünf Folgen tatsächlich schon sehen können. Mehr hat mir Ihr Management nicht zugetraut …

Bastian Pastewka: Richtig.

Jörg Wagner: … aber es ist egal. Sie waren ein Jahr nicht mit neuen Folgen Ihrer einstigen Fernseh- und seit 2018 ja auch Streaming-Serie “Pastewka” zu sehen. Angeblich waren Sie in Afrika. War das vor einer grünen Wand gedreht oder waren Sie tatsächlich für wenigen Sekunden in der neuen Staffel vor Ort mit dem Ich-bin-dann-mal-Weg-Haarschnitt?

[0:28] Bastian Pastewka: Vollkommen richtig. Der Ich-war-bin-dann-mal-weg-Haarschnitt, den hat es gegeben, die grüne Wand auch. Aber wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, vor der Grünen Wand sehr viel echtes Afrika zu bauen. Also, es ist eine gute Mischung, aber tatsächlich bin ich noch nie in Afrika gewesen, auch nicht für die Dreharbeiten.

[0:42] Jörg Wagner: Man hört – und Sie spoilern das ja auch sehr offensiv – die Serie stirbt mit der zehnten Staffel. Hat Sie Amazon nicht mit Geld zwingen können, weiter zu machen?

[0:50] Bastian Pastewka: Tatsächlich gab es glücklicherweise von keiner Seite her irgendeine Art von Zwang. Im Gegenteil. Wir haben uns alle in die Augen geguckt, die Freunde von Amazon, das Ensemble, die Producer, die Autoren und ich. Und wir haben überlegt, was machen wir? Wie lange soll unsere kleine Serie noch weiter gehen? Und irgendwie haben wir gemerkt, die zehnte Staffel könnte eine schöne letzte Staffel sein nach 15 Jahren Produktionsarbeit, wie gesagt zehn Staffeln und 99 Folgen. Und das passt perfekt zum Geist der Serie, wo der Tölpel Bastian das ganz große Ziel ja auch immer nicht erreicht.

[1:20] Jörg Wagner: Rückblickend, Sie kennen nun die Erfahrung bei SAT.1 vom “richtigen” Fernsehen 2005 bis 2015 auch noch mit milchigem Standard-TV …

Bastian Pastewka: Ja. Schön war das.

Jörg Wagner: … Welche sieben Unterschiede finden Sie zwischen Fernsehen und Streaming?

[1:34] Bastian Pastewka: Sieben Unterschiede haben Sie mich gefragt?

[1:36] Jörg Wagner: Sie können auch gerne sechs nehmen.

[1:38] Bastian Pastewka: Ach so. Genau. Also ich würde sagen, wir haben mit … wir haben in 4:3 angefangen. Als wir 2004 die Piloten gemacht haben und 2005 und 2006 die ersten beiden Staffeln gedreht haben, sagte man uns, dieses 16:9-Breitwand-Bild, das ist was fürs Kino, aber das wird sich im Fernsehen niemals durchsetzen. Schnitt. Schon zu Beginn von Staffel 3, war es komplett anders und schon waren wir eine 16:9-Serie. Ab Staffel 5 wurden wir dann HD (High Definition) und jetzt sind wir irgendwann 4K UHD und sehen ganz besonders wunderschön aus.

[2:09] Jörg Wagner: Man sagt auch, die Leute von Streaming-Diensten, seien irgendwie cooler, hipper, mehr umsorgt um das leibliche und auch das überhaupt Wohl eines Fernseh- und Filmemachers. Ist das so? Ist das das neue Privatfernsehen?

[2:24] Bastian Pastewka: Ja, also das kann ich tatsächlich nicht abstreiten. Die Zusammenarbeit mit Amazon Prime war tatsächlich äußerst angenehm von Anfang bis zum jetzt glücklichen Ende. Aber ich muss sagen, bei SAT.1 war das auch immer schon sehr schön. Also ich … man muss einfach sagen, SAT.1 hat uns 2005 diese Serie ermöglicht und wir durften sie sieben Jahre lang dort senden. Ich glaube, es gab nur eine einzige andere Sitcom auf diesem Kanal, die so lange gedauert hat wie wir und das war “Hausmeister Krause”. Alle anderen Sitcom-Versuche der 2000er Jahre haben es nicht so lange geschafft. Zudem hat man uns speziell in den ersten Jahren auch sendeplatztechnisch, als es noch um Sendeplätze ging, ins Schaufenster gestellt. Also, wir liefen die ersten vier Staffeln am Freitagabend um 21:45 Uhr. Und das war Mitte der 2000er Jahre state of the art. Das war toll. Und deshalb hab’ ich da auch überhaupt … würde ich da überhaupt nicht nachkeilen. Es war ein bisschen schade, dass wir mit den Staffeln 6 und 7 dann so ein bisschen verschwanden im Programm von SAT.1, weil wir einfach nicht mehr eingebettet waren in einen sogenannten Fun-Freitag, wo andere Comedy-Formate um uns herum waren und wo wir uns wohlfühlen konnten wie der Fisch im Wasser. Wir waren so die letzten Comedy-Mohikianer Anfang der 2000er Jahre und da war leider mit SAT.1 kein Staat zu machen. Deshalb waren die uns auch tatsächlich nicht böse, als wir gesagt haben, wir würden eine 8. Staffel, wenn sie denn kommt, nicht mehr mit euch machen.

[3:40] Jörg Wagner: Ist es ein Unterschied, dass der Aufschrei bei Schleichwerbung im national kontrollierten Fernsehen höher gewesen wäre, als im Schutze eines internationalen Streaminganbieters? Ich sage da nur: “MediaMarkt”.

[3:52] Bastian Pastewka: Ja, wir haben tatsächlich mit unserer ersten Amazon-Staffel – das war aber unsere achte Pastewka-Staffel – Probleme gehabt mit der Bayerischen Landesmedienanstalt. Die sah in einer Episode den Fall der Schleichwerbung erfüllt. Das konnten wir allerdings zurückweisen und auch erfolgreich zurückweisen, weil wir haben uns von keinem Elektronikmarkt oder von sonst irgendeiner Firma Geld geben lassen. Das heißt, kein Geld wurde erschlichen. Dennoch hat die Landesmedienanstalt es geschafft in dieser einen speziellen Folge – der 4. Folge der Staffel 8 – doch noch zu viel Werbung auszumachen. Und deshalb mussten wir einige Dinge noch einmal nachschwärzen. Für mich hat es das nicht gebraucht. Wir haben aber auch schon in unserer aller ersten Staffel im Jahre 2005, als wir bei SAT.1 starteten, Probleme gehabt mit angeblicher Schleichwerbung. Auch das können wir komplett zerstreuen. Damals ging es um die Post und eine große Hamburger-Kette. Ich hab’ immer gesagt, ich weiß eigentlich nicht, wie das genau gehen soll. Wir zeigen in der Serie “Pastewka” das wahre Leben. Und ich halte es für durchaus möglich, dass der rundliche Protagonist hin und wieder in die Fress-Schleife einer Fastfoodkette fährt und dass wir das auch zeigen. Wir müssen dann nicht immer irgendwelche fiktiven Schilder machen. Wir brauchen aber auch die Marke, nicht ewig ins Bild zu halten. Wir haben immer versucht, so viel wie möglich reales Leben und nicht abgeklebtes Fernseh-Leben zu zeigen. Das ist uns leider um die Ohren geflogen, sowohl beim Privatfernsehen als auch beim Streaming-Dienst. Und das bedaure ich.

[5:12] Jörg Wagner: Tatsächlich. In “Pateska” … in “Patew” … Mein Gott!

Bastian Pastewka: Haha. “Stromberg”. “Stromberg”, sagen Sie “Stromberg”!

Jörg Wagner: Sehr freundlich, aber in “Pastewka” geht es ja um die Selbstverliebtheit der Medienbranche, was für mich dann auch immer per se schon ein Blankoscheck ist, mir Lebenszeit für Ihre Serie zu reservieren. SAT.1 und das ZDF kommen aus meiner Beobachtung sehr gehäuft vor. Auffällig ist, dass Sie Amazon satirisch schonen. Oder habe ich da etwas übersehen?

[5:37] Bastian Pastewka: Das würde ich nicht sagen. Also das wäre keine … das wäre eigentlich, nee das haben wir nie gemacht. Wir haben SAT.1 nicht geschont. Wir haben den WDR nicht geschont. Wir haben Amazon nicht geschont. Und wir haben NETFLIX nicht geschont.

[5:50] Jörg Wagner: Ja, aber an welcher Stelle haben Sie Amazon nicht geschont? Ich hab’s nicht bemerkt.

[5:52] Bastian Pastewka: Also, ich glaube, dass wir … also als Amazon noch kein Streaming-Dienst war, sondern in erster Linie, dass man schnelle Sachen bestellen konnte, dass die nie ankommen. Das haben wir im Beginn der 7. Staffel ein paar Mal thematisiert, wo Postboten immer nur die Zettel in die Briefkästen reinwerfen, aber die Pakete nicht immer nach oben hin bringen. Und so etwas. Aber ich glaube, dass wir eigentlich nie in “Pastewka” so ausgekeilt haben, dass der andere am Boden liegt. Das war nie unser Ansinnen. Die vielen Bumerangs, die wir hoch geworfen haben im Laufe einer 25 minütigen Sitcom-Folge, sind immer am Hinterkopf der Rolle “Bastian Pastewka” zerschellt. Und das war mir auch immer sehr wichtig, weil ich glaube, von mir sagen zu können: Ich war nie einer von den Komikern, der immer nur, sagen wir mal, auf die Frisur von Angela Merkel gezeigt hat oder auf die Körpergröße von meinem alten Kollegen Bernhard Hoëcker und so weiter. Wenn, dann haben wir das mit Kollegen, wie Michael Kessler gemacht und er hat dann auch zurückgekeilt.

[6:44] Jörg Wagner: Gab’s bei der Crosspromotion mit dem ZDF – Stichwort: “Volle Kanne”, “Lanz” z. B. – also Sie waren ja auch richtig in echten Formaten zu Gast, nicht nur in der Serie – gab’s da Diskussionen bei Amazon, weil die sagten, dass ist hier Werbung für ein Konkurrenz-Medium?

[6:58] Bastian Pastewka: Kein einziges Mal. Das hat es nicht gegeben. Wir haben auch immer alle ganz brav gefragt. Wir haben auch nicht einfach nur, sagen wir mal, die Redaktion von “Volle Kanne” gefragt, ob wir bei ihnen drehen dürfen sollen. Sondern, wir haben immer an der höchsten Stelle beim ZDF gefragt und das mit Amazon auch abgeglichen und da gab es nie irgendwelche Probleme. Es gab Probleme beispielsweise vom Privatsender RTL. Wir wollten mit denen mal eine Zusammenarbeit machen. Aber das hat RTL abgelehnt, nicht Amazon. Vollkommen in Ordnung. Nicht jeder muss unseren Quatsch mitmachen.

[7:24] Jörg Wagner: Weil Ihre Zeit knapp bemessen ist, weil Sie ja auf Tour sind für Ihre neue Staffel … Streaming – das vielleicht als Fazit – war also gestern für Sie oder ist noch heute, Bastian Pastewka. Was ist der nächste heiße Scheiß, wo Sie mitmachen? Oder geht’s zurück nach Afrika?

[7:37] Bastian Pastewka: (lacht) Also, tatsächlich, nach der zehnte und letzten Staffel “Pastewka” verordne ich mir jetzt ein bisschen Ruhe. Ich brauche eine Pause. Ich hab’ so wahnsinnig viel gemacht in den letzten Jahren mit dieser Serie, dass ich irgendwann schon selber glaube, Bastian Pastewka zu sein. Da muss ich sehr aufpassen. Deshalb werde ich, glaube ich, jetzt den nächsten heißen Scheiß mal eine Runde auslassen und in zwei Jahren wird dann noch was heißeres sein. Vielleicht darf ich da wieder einsteigen. Aber ich bin mit “Pastewka” so zufrieden, dass ich das nächste Projekt, was möglicherweise an mich herangetreten wird, herangebracht wird, schon sehr anstrengen muss, um das zu toppen, was ich mit “Pastewka” erreichen konnte. “Pastewka” war mein Schnack. “Pastewka” war meine kreative Heimat, mein kreativer Startblock. Von dem ging alles aus und da kam auch alles an. Und ich brauche jetzt eine Lücke davon, bevor ich ein nächstes Projekt annehme, was ich mental wie eine 11. “Pastewka”-Staffel behandle. Das ist nicht gut. Das tut keinem Format gut.

[8:24] Jörg Wagner: Eine Bitte hätte ich noch am Ende dieses Gesprächs. Sie schreiben ja nicht ins Gästebuch und besprechen keine Anrufbeantworter, aber ein Satz, der ist so treffend für unser Gewerbe, wenn Sie sich damit bitte freundlicherweise verabschieden könnten. Er handelt von der Dankbarkeit fürs Einschalten. Also wenn Sie jetzt damit bei den Medienmagazin-Hörerinnen und -Hörern auch die Verabschiedung einleiten könnten …

[8:45] Bastian Pastewka: Mein Name ist Bastian Pastewka. Danke fürs Einschalten!








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