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“Wer den Rechtsextremismus in Deutschland verstehen will, muss begreifen, dass wir es mit einem weit reichenden und professionell organisierten Netzwerk zu tun haben, mit rechten Kampfsportevents und Rechtsrock-Konzerten, mit Völkischen Jugend-Lagern und Studien-Zentren und engsten Verbindungen zum Rechtsterrorismus. In diesem Netzwerk sind die Identitären eng verwoben. Und für dieses Netzwerk erfüllt die AfD eine zentrale Funktion als parlamentarischer Arm einer rechtsextremistischen Bewegung, die ihre Stärke und ihre Hoffnung auf den Umsturz aus den Wahlerfolgen der AfD bezieht.”
Jörg Wagner: Das war Georg Restle genau vor einem Jahr, am 11. Juli 2019 in einem Tagesthemen-Kommentar. Georg Restle ist WDR-Journalist und Leiter der Monitor-Redaktion. Und er twitterte, Daniel, folgendes:
???
[0:51] Jörg Wagner: Ist Dir weggerutscht? Dann lese ich ihn schnell mal kurz vor:
“Plauderstündchen mit einem Rechtsextremisten. Der #rbb rechtfertigt das Interview mit Kalbitz: ‘Wir führen diese Interviews, damit man über die Inhalte diskutieren kann, nicht über das Interview selbst.’ Dabei sollte man genau das. #WehretDerNormalisierung #Selbstverharmlosung”.
Daniel, das war tatsächlich heute … nicht nur heute ein Aufreger, sondern schon die ganze Woche seit dem 7. Juli, seit dem 5. Juli besser gesagt, seitdem in “Brandenburg Aktuell” dieses sogenannte Sommerinterview zu sehen war mit Andreas Kalbitz von der AfD Brandenburg. Und auch Du hast gleich gesagt, das ist ein Thema für uns, weil in der Tat das ist sehr ungewöhnlich, dass man einem, der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde, mehr oder weniger so viel Sendezeit gibt. Es waren zwar in “Brandenburg Aktuell” knapp sieben Minuten, aber dann gabs ja noch eine Langfassung.
[1:45] Daniel Bouhs: Ja genau, und das hat ja schon für viele Diskussionen gesorgt. Ich finde, das ist jetzt … zwar hat der Chefredakteur ja auch bei “Brandenburg Aktuell” Stellung bezogen schon, aber immer noch nicht ausdiskutiert und dann lohnt es doch, noch mal ausführlich mit ihm zu reden.
+++
[1:58]
“Sommer, Sonne, See. Haben Sie einen Lieblingssee in Brandenburg? In den Sommerferien treffen wir Brandenburger Spitzenpolitiker an den Seen, die sie gern haben. ‘Politik am See’ nennen wir das. Schöne Orte. Ernste Worte. Nach Ministerpräsident und SPD-Chef Dietmar Woidke sprechen wir heute mit dem Chef der zweitgrößten Fraktion im Landtag, AfD-Landeschef, Andreas Kalbitz in Senzig bei Königs Wusterhausen. Neben dem Kampf um seinen Verbleib in der AfD wegen seiner rechtsextremen Bezüge befragte ihn Stephanie Teistler zuerst zur Corona-Politik.”
(aus: “Brandenburg Aktuell”, rbb Brandenburg, 05.07.2020, 19:33 Uhr)
[2:27] Jörg Wagner: Und was dann folgte am letzten Sonntag bei “Brandenburg Aktuell” war eher ein launiges 6:46-Minuten-Politik-am-See-Sommerinterview mit gluckerndem Uferplätschern.
[2:40] Daniel Bouhs: Da interessiert es, wie kam es zum Sommerinterview mit dem rechtsextremen Politiker, Andreas Kalbitz für “Brandenburg Aktuell”, das am 5. Juli in einer kurzen Version im Programm lief und sich in ausführlicher Fassung im Netz findet? Und wir sind … ja verbunden mit Christoph Singelnstein, dem Chefredakteur des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Hallo!
Jörg Wagner: Guten Abend!
Christoph Singelnstein: Schönen guten Tag!
[3:04] Daniel Bouhs: Vielleicht die Rekonstruktion. Wie kam es überhaupt zu dieser Konstellation?
[3:09] Christoph Singelnstein: Naja, die Redaktion hatte sich vorgenommen, wie in den letzten Jahren auch schon mit den Spitzenpolitikern des Landes Brandenburg – ein Blick auf das vergangene Jahr im Parlament – zu sprechen. Und Kalbitz ist Vorsitzender der zweitstärksten Fraktion in diesem Brandenburger Parlament. Und von daher wurde auch er eingeladen, um mit uns zu sprechen.
[3:38] Jörg Wagner: Muss man vom Verfassungsschutz als rechtsradikal eingestuften Menschen in einem Urlaubssetting Redezeit im rbb geben?
[3:46] Christoph Singelnstein: Über das Setting werden wir ja vielleicht gleich noch mal reden. Ich glaube schon, dass man auch mit jemandem wie Kalbitz reden muss. Die Tatsache, dass er vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft ist, ist ja allgemein bekannt. Der Verfassungsschutz ist auch parlamentarisch kontrolliert. Aber er ist kein Gericht. Und so lange, wie die AfD nicht verboten ist, Herr Kalbitz nicht rechtskräftig aus der AfD ausgeschlossen ist, so lange reden wir auch mit Herrn Kalbitz.
[4:18] Daniel Bouhs: Ist es ist denn Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks politische Vielfalt abzubilden und das auch grenzenlos? Also hätte man zum Beispiel eine andere – ich sag mal – Figur aus der Fraktion nehmen können? Hätte man Kalbitz sozusagen umschiffen können?
[4:35] Christoph Singelnstein: Also grenzenlos natürlich nicht, aber die Grenzen setzen nicht wir. Die Grenzen setzen Gerichte. Wir sind schon dazu da, die Vielfalt in ihrer Gänze abzubilden. Wir sind nicht dazu da, selber sozusagen Meinung – außer in einem Kommentar natürlich – Meinungen via inhaltliche Entscheidung zu transportieren.
[4:58] Daniel Bouhs: Sie sehen sich da also schon in einer Art Zwangslage, oder?
[5:02] Christoph Singelnstein: Ja. Das ist unser Auftrag, wenn wir ein solches journalistisches Konzept haben, indem wir sagen, die Spitzenpolitiker des Landes Brandenburg werden von uns nach dem vergangenen parlamentarischen Jahr befragt, dann muss man auch Herrn Kalbitz befragen.
[5:17] Jörg Wagner: Nun haben Sie ja sicherlich am Anfang auch Georg Restle gehört, der diesen Tagesthemen-Kommentar genau vor einem Jahr sprach. Er hatte danach Morddrohungen bekommen und twitterte Auszüge aus dem rbb-Staatsvertrag nämlich:
“Mit seinem Programm steht der #rbb für
* Offenheit und Respekt
* Toleranz und gegenseitiges Verstehen
* Neugier auf Menschen und ihre unterschiedlichen Biografien
* demokratische Diskussionskultur
* Völkerverbindung und Friedenswillen”
Das – in Klammern noch “Quelle: Unternehmensleitlinien” – Das hat er natürlich mit ironischen Wink geradezu in Richtung rbb getwittert, weil er meint, das ist möglicherweise damit verletzt worden, dass man solch’ einem Menschen die Stimme nicht nur gegeben hat, sondern auch ja sehr prominent platziert hat.
[6:05] Christoph Singelnstein: Ich kann es nur wiederholen. Ich halte es für unsere Aufgabe, mit allen politischen Kräften zu sprechen, solange wie sie nicht durch ein ordentliches Gericht verboten sind. Das ist nicht eine Ermessensfrage. Wir sind auch zur Willensbildung da, also sprich: wir setzen Menschen in der Lage in … wir versetzen Menschen in die Lage durch unsere Sendung, sich ein Bild zu machen. Und dazu gehört auch, dass wir mit jedem – Einschränkung siehe oben – mit jedem reden, damit er sich selber ein Bild machen kann. Ich halte nichts davon zu sagen, mit diesem oder mit jener reden wir nicht. Also natürlich gibt es Grenzen. Es fängt immer … also Gerichte haben wir schon gesagt. Wenn jemand in einem Interview volksverhetzende, beleidigende, angreifende Dinge sagen würde, würde ich auch immer das Interview abbrechen. Das ist in Ordnung. Aber jemanden sozusagen von vornherein auszuschließen, das halte ich für falsch. Und da muss man immer sehen, sechs Minuten Interview und 37 Minuten im Netz ist ja nicht die Gesamtheit dessen, was der rbb seinen Zuschauerinnen, Hörern und Nutzerinnen anbietet, um sich selber eine Meinung zu bilden.
[7:30] Jörg Wagner: Das ist die rationale Sicht auf die Dinge. Aber könnte unterschwellig und daher auch eher emotional eine Rolle gespielt haben bei der Auswahl des Gesprächspartners, dass die AfD mit einem extrem reduzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Diskussion gerade geht, mit dem so genannten “Grundfunk”? Hören wir mal den Medienjournalisten Steffen … Stefan Niggemeier in einem Meinungsbeitrag auf radioeins am 8. Juli:
[7:51]
„Also, die AfD sieht vor, nur noch einen, je einen regionalen Radio- und Fernsehsender. Und inhaltliche Schwerpunkte von diesen einzelnen Sendern soll sein, nicht nur lokale Nachrichten und Kulturberichte, sondern vor allem auch, wörtliches Zitat: ´Landesgeschichte, Mundart und Brauchtum’. Und ich glaube, da geht es dann der AfD wirklich nicht nur darum, irgendwelche Exzesse zu begrenzen, Ausgaben für teure Sportrecht oder sowas, sondern dieser ‘Grundfunk‘ ist in Wahrheit wirklich ein Rumpffunk. Das wäre kleines, winziges, unbedeutendes Nischenprogramm. Deswegen ist es auch wirklich ein Euphemismus, wenn sie selber sagen, sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verschlanken. Nee, die wollen ihn schon wirklich in die Bedeutungslosigkeit runter hungern.“
[8:33] Jörg Wagner: Und sollte man da nun vielleicht, auch möglicherweise von Ihnen, der AfD nicht dann doch entgegen kommen, um zu zeigen: Seht her, wir sind gar nicht so schlimm, wie ihr immer denkt, mit solch einem Interview? War das vielleicht auch möglicherweise …
[8:45] Christoph Singelnstein: Nein, also das ist wirklich ein absurder Gedanke. Also die medienpolitischen Vorstellungen der AfD in allen Ehren. Ich habe den Niggemeier-Kommentar gehört und bin völlig seiner Meinung, aber dass wir jetzt auf die Idee kämen, ein Interview zu führen, damit die AfD zu anderen Positionen kommt, also das wäre nun wirklich das Pferd von hinten aufgezäumt.
[9:16] Daniel Bouhs: Was ich persönlich auch als freier Mitarbeiter in diesem Haus zu schätzen weiß, ist, dass Sie sich auch schützend vor die Interviewerin stellen, in dem Sie über redaktionelle Strukturen sprechen. Bei den Kollegen von „Brandenburg Aktuell“ haben Sie gesagt, es müsse die Expertise des rbb stärker in so ein Interview einfließen. Wo lag denn aus Ihrer Sicht dann der redaktionelle Fehler bei dieser “Geschichte”?
[9:46] Christoph Singelnstein: Also, es gibt ein paar Dinge in dem Gespräch, die, wo ich finde, es gut gewesen wäre, wenn wir da noch mal nachgehakt hätten. Wenn wir auch noch mal das eine oder andere Thema anders gesetzt hätten. Die AfD hat ja bestimmte Schemata, die sie immer wieder benutzt. Also zum Beispiel behauptet sie gerne, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Das hat auch Herr Kalbitz wieder getan. Das sind Dinge, die kommen immer wieder. Auf so was kann man sich gut vorbereiten. Und wir haben Kollegen im Hause, die zum Teil deutschlandweit bekannt sind. Wenn Sie zum Beispiel an Olaf Sundermeyer denken oder andere für ihre Expertise, was die AfD im Besonderen und den Rechtsextremismus im Allgemeinen angeht. Und ich glaube schon, dass etwas mehr gemeinsame Vorbereitung auf dieses Interview dem ganzen gut getan hätte.
[10:55] Daniel Bouhs: Also sollte ein Kollege wie Sundermeyer künftig solche Gespräche führen oder geht es eher darum, diejenigen zu unterstützen, die in so eine Konstellation geschickt werden?
[10:52] Christoph Singelnstein: Eher so etwas.
[10:53] Daniel Bouhs: Also letzteres.
[10:55] Jörg Wagner: Da sind Sie ja dann mit Ihrem Programmausschussvorsitzenden, Dieter Pienkny zumindest in einer Position einig, der bereits vor einem Jahr zu diesem Format der Sommerinterviews gesagt hat:
“Für mich ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk sozusagen einer, der nachsetzt, der die Leute auch … nicht in die Mangel nimmt, keine Daumenschrauben ansetzt, aber doch beharrlich ist. Thomas Walde hat es bei diesem berühmten Gauland-Interview fertig gebracht. Armin Wolf vom ORF. Gucken Sie sich mal die Sendung an, die der macht bei ZIB. Wenn da der Innenminister hin kam von der FPÖ, den hat er aber wirklich so beharrlich beackert und war nicht nur auf Ballhöhe, der wusste fast mehr als der Innenminister. Der musste Farbe bekennen. Sowas vermisse ich. Ich vermisse wirklich die großen Köpfe in dieser ARD, die professionell genug sind, um Politikerinnen und Politikern nicht nur Platz zu bieten, dass sie sich sozusagen selbst moderieren können, sondern dass sie Farbe bekennen.”
[11:54] Jörg Wagner: Dieter Pienkny, stellvertretender Vorsitzender des rbb-Rundfunkrats und rbb-Programmausschussvorsitzender und er hat in diesem Medienmagazin-Interview am 3. August 2019 aber generell das Format der Sommerinterviews angezweifelt. Vielleicht auch, deswegen, weil man in solch’ einem Setting – und dazu kommen wir jetzt – vielleicht dann doch nicht knallhart nachfragen kann, weil man selbst als Interviewer sich von dieser schönen Atmosphäre gefangen lässt, die ja ursprünglich mal erfunden wurde – wenn ich das richtig nachgelesen habe – weil Helmut Kohl Urlaub machte und nicht in die Studios kam, dachte man, da gehen wir dann zu ihm und machen da die Fragerunde. Also, „Sommerinterview“ ist das noch ein gängiges Format, Christoph Singelnstein?
[12:39] Christoph Singelnstein: Also das Wort ist einfach schon mal nicht gut und insofern kann man es sich leicht machen und das würde ich auch tun und sagen, ein “Sommerinterview” ist kein gängiges Format. Das gibt es, ich weiß nicht, 25, 35 Jahre, keine Ahnung. Was ist es denn eigentlich? Ein “Sommerinterview” ist ein Gespräch mit einem Politiker in einer nachrichtenarmen Zeit und wichtig ist aber tatsächlich, dass wir lange Interviews führen. Im Alltagsgeschäft sind Interviews je nach Programm zwischen 1:30 und fünf Minuten lang. Die gesellschaftlichen, politischen Diskurse sind aber in Teilen so schwierig, dass sie nicht in drei oder fünf Minuten darstellbar sind. Und es ist schon wichtig, dass wir auch Formate haben, die 20 Minuten, 30 Minuten lang sind. Das Netz unterstützt uns im Zweifel da eher, um auch mal Themen etwas intensiver und genauer zu beleuchten und das Spektrum aufzumachen, in dem sich die politische Auseinandersetzung befindet. Und von daher glaube ich, dass es auch zukünftig lange Interviews geben wird. Sie sollten nicht “Sommerinterview” heißen. Sie sollten vielleicht auch nicht “Politik am See” heißen. Aber hätten wir ein Interview gehabt, mit dem wir alle zufrieden gewesen wären oder das vielleicht so gut gewesen wäre, wie das von Herrn Walde, dann würde heute niemand über das Setting reden. Es kommt auf den Inhalt an und nicht darauf, wo dieses Interview geführt wird.
[14:22] Daniel Bouhs: Geben Sie uns vielleicht netterweise auch noch mal eine Vorstellung: Was löst so eine Diskussion im Haus aus? Also wie umstritten ist so etwas auch innerhalb des rbb? Und was passiert jetzt? Gibt es jetzt eine große Arbeitsgruppe? Wird es Schulungen geben? Gibt es eine Formatwerkstatt oder reicht es da, ein Rundschreiben zu machen?
[14:47] Christoph Singelnstein: Also zunächst mal ist ja die Meinungsvielfalt nicht nur außerhalb des rbb, sondern es gibt sie auch innerhalb des rbb glücklicherweise und insofern gibt es zu diesem Vorgang sehr unterschiedliche Positionen, über die wir in den nächsten Tagen, Wochen und wahrscheinlich auch Monaten noch weiter heftig diskutieren werden. Ja klar, es geht schon auch darum – das habe ich ja schon angedeutet – mir geht es schon darum, dass wir all das, was wir an Expertise im Haus haben … und das ist reichlich, also man darf mal daran erinnern, dass beispielsweise die Kontakte von Herrn Kalbitz zu rechtsextremen Jugendorganisationen, dass die vom rbb aufgedeckt wurden, nämlich von der Redaktion “Kontraste”. Auch die Kolleginnen und Kollegen von “Brandenburg Aktuell” haben reichlich Expertise für Rechtsextremismus und AfD, nicht zu vergessen die Kolleginnen und Kollegen von “rbb 24 Recherche”. Also wir haben das Wissen im Haus. Ich glaube, dass wir darüber reden müssen, wie wir besser zusammenarbeiten, wie wir Wissen besser austauschen und … um dann insgesamt zu besseren journalistischen Ergebnissen zu kommen.
[16:01] Jörg Wagner: Die Lösung kann also …
[16:02] Christoph Singelnstein: Ja, das kann man schon auch noch mal sagen, das Handwerk immer auch noch mal wieder zu trainieren, das schadet auch nicht. Also, das machen wir aber ohnehin. Es gibt immer auch jetzt schon Fortbildungskurse. Und dass wir möglicherweise uns auch noch mal mit dem Gedanken beschäftigen, ob wir nochmal Interviewführung auch für gestandene Kolleginnen und Kollegen noch mal zur Auffrischung machen, das halte ich durchaus für denkbar und das ist auch keine Schande. Also sein Handwerkszeug immer wieder zu verfeinern und zu verbessern, das kann nie schaden.
[16:39] Jörg Wagner: Die Lösung kann also nicht sein, nicht mit Menschen zu sprechen, egal welchen Hintergrund sie haben. Das hatten wir schon in einer Diskussion, ich glaube in den 90ern mit Jörg Haider. Damals gab es den Wunsch von Sabine Christiansen, ihn einzuladen. Er wurde dann wieder ausgeladen. Erich Böhme beim “Talk im Turm” hat ihn eingeladen, ist kläglich daran gescheitert. Das einzig gültige Jörg-Haider-Interview im Deutschen Fernsehen habe ich in Erinnerung von Friedrich Küppersbusch bei “zak” damals. Das werden wir auch in den Podcast-Bonus noch mal packen als Beispiel: Wie geht es? Und Sie sprachen schon den Kollegen vom ZDF an, Thomas Walde, der beim ZDF das Interview mit Alexander Gauland machte, auch in einer Brandenburger Urlaubsatmosphäre …
[17:24] Christoph Singelnstein: Und auch übrigens ein Kollege, der inzwischen beim rbb auch tätig ist, nämlich im Mittagsmagazin, der ein viel beachtetes Interview mit Frau Weidel geführt hat.
[17:35] Jörg Wagner: Aber … und jetzt kommt es. Wir können uns alle erinnern an das Zeit-Interview (€) von ZDF-Chefredakteur Peter Frey. Der sagte zum Beispiel beim Politiker, beim AfD-Politiker Björn Höcke, er solle im Programm nicht mehr stattfinden. Und ich nutzte gestern eine ZDF-Pressekonferenz, um den aktuellen Stand beim ZDF abzufragen. Dr. Thomas Bellut [ZDF-Intendant] gestern auf Nachfrage vom Medienmagazin:
“Ich habe rigoros nie gesagt, den oder den oder die Person schließen wir aus. Richtig an dem Hinweis des Chefredakteurs war, je extremer die Position desjenigen ist, der befragt wird, desto genauer muss überlegt sein, wer dieses Gespräch führt und wie das Gespräch geführt wird. Das kann zum Beispiel nur in einem ausführlichen Gespräch gemacht werden. Die Frage hat sich aktuell nicht gestellt. Ich halte es im Prinzip für richtig, in diesen reinen Sommerinterviews – das haben wir ja auch – auch die AfD zu befragen, einen Vertreter oder Vertreterin. Das wird im ZDF auch passieren. Man sollte diese Gespräche daran messen, wie sie dann am Ende geführt werden. Das ist auch fair und richtig, dass die begleitende Presse sich dann damit beschäftigt. Aber einen kompletten Ausschluss lehne ich ab. Das halte ich auch Demokratie … prinzipiell nicht für richtig. Wir sind eine Plattform für alle Denkrichtungen. Aber ich habe auch immer hinzugefügt, Herr Wagner, dass rassistische Botschaften niemals unkommentiert über die ZDF-Bildschirme kommen dürfen. Darüber muss dann diskutiert werden. Das muss markiert werden. Also ein leichtes Gespräch darf es da nicht geben.”
[19:18] Jörg Wagner: Da sind Sie sicher einig mit Herrn Bellut, Christoph Singelnstein, Chefredakteur des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Vielen Dank für das auch sehr lange Gespräch. Also ein langes Gespräch hatte ein langes Gespräch zur Folge, um transparent zu machen, wie dieses Gespräch mit Andreas Kalbitz zustande gekommen ist. Wir bedanken uns dafür, dass Sie auch live zur Verfügung standen.
Daniel Bouhs: Danke für Ihre Zeit.
Christoph Singelnstein: Ich danke Ihnen.