[0:00:00]
„Wir haben die Spaltung in Berlin und Brandenburg gesehen, zwei Gruppen von Mitgliedern. Und das können wir natürlich nicht hinnehmen. Der DJV vertritt alle Interessen und sowohl in Berlin als auch in Brandenburg. Wir haben in mehreren Gesprächen versucht, mit den amtierenden Vorständen, die ja etwas dubios ins Amt gekommen sind, nämlich durch Stimmenverschiebungen, durch unserer Meinung nach – und ich glaube, das beweist sich immer mehr – Nichtjournalisten, die kurzhändig eingetreten wurden – wenn ich das mal so formulieren darf – und die dann die Mehrheiten gekippt haben, durch mehrere Gespräche versucht, die Vorstände dazu zu bewegen, diese Spaltung aufzuheben. Das kann nicht in unserem Sinne sein. Das kann nicht im Sinne des DJV sein und auch nicht im Sinne der Vorstände sein, wenn es da nicht um Machterhalt geht. Und das befürchten wir fast. Da muss ein solcher Vorstand zurücktreten, wenn er sieht, dass dort Mitglieder in zwei Spalten vorhanden sind, zwei Hälften vorhanden sind.“
[0:00:49]
Jörg Wagner: Das war vor 16 Jahren hier im Medienmagazin der damalige DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken zu einer Krise des Berufsverbands von Journalisten, dem DJV in der Hauptstadtregion. Seitdem gibt es einen schmerzvollen Prozess der Aufarbeitung, Abspaltung, Neugründung eines Journalistenverbandes zum Beispiel JVBB (Berlin-Brandenburg), Auseinandersetzungen mit einem DJV-Landesverband in Brandenburg, der Berlin für sich mit beansprucht, was im Streit darüber sogar zur Nichtbesetzung eines rbb-Rundfunkratsposten führte. Man hat phasenweise ja den Eindruck, der Deutsche Journalisten Verband in Berlin-Brandenburg kümmert sich mehr um sich, als um seine Mitglieder. Ich kürzlich hier ab. Letztlich gab es den Beschluss im Mai 2019, den JVBB mit dem DJV Berlin zu fusionieren. Seit 11. Januar 2020 gibt es den gemeinsamen Vorsitzenden Christian Walther. Dann in dieser Woche eine Pressemitteilung des Verbands:
„Der Vorstand des DJV Berlin-JVBB hat seinen kollektiven Rücktritt zum 1. September 2020 erklärt und entschieden, für den Herbst Neuwahlen anzustreben. Dem war die Veröffentlichung internen Post- und Mailverkehrs sowie von Gesprächsinhalten aus Vorstandssitzungen vorausgegangen. Dieser Vertrauensbruch wie auch bereits seit Langem bestehende Differenzen im Vorstand haben einer vertrauensvollen Zusammenarbeit die Grundlage entzogen.“
Auslöser für die Verbandskrise soll nach einem Bericht der Berliner Zeitung ein Streit über das vor kurzem auch hier besprochenen rbb-Politik-am-See-Interview mit dem AfD-Politiker Andreas Kalbitz gewesen sein, Daniel.
[0:02:25]
Daniel Bouhs: Ja, und zu der ganzen Gemengelage muss ich, glaube ich, dazu sagen: Ich bin Mitglied in diesem Verband. Passiv. Bei einer der beiden Gewerkschaften sind Journalisten ja Mitglied meistens, allein schon, wenn es um die Hilfe bei juristischen Auseinandersetzungen gegen Auftrag- und Arbeitgeber geht. Rechtsschutz. Jörg, du hast Dich stattdessen für Verdi, die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union entschieden. Jedenfalls, Christian Walter, Mitarbeiter des rbb und vor allem Fusionsvorsitzender ist uns jetzt zugeschaltet. Christian, was genau ist denn vor dem Rücktritt passiert? Was war so gravierend, dass der Neustart dieser Verbände personell so nicht standhält? Vielleicht das Stichwort hier auch, weil es ja in der Berichterstattung gefallen ist, das Kalbitz-Interview.
[0:03:09]
Dr. Christian Walther: Ja, das Kalbitz-Interviews spielt sicherlich eine Rolle. Aber eine, die jetzt möglicherweise doch etwas übertrieben oder überhöht wird. Wichtiger und richtiger ist das, was in der Pressemitteilung drinsteht. Vertrauensverhältnis ist futsch. Aber wir sollten uns auch vor Dramatisierungen hüten. Der O-Ton, den wir gerade gespielt haben und gehört haben von Herrn Konken ist in der Tat 16 Jahre alt. 16 Jahre hat die Spaltung dieses Berliner Journalistenverbandes gewährt. Ich bin vor dreieinhalb Jahren Vorsitzender vom Journalistenverband Berlin-Brandenburg, also von dem einen Teil dieser zwei im Wesentlichen Verbände hier in der Region geworden, habe dann sofort angefangen zu werben für eine möglichst schnelle Fusion. Das hat dann trotzdem noch drei Jahre gedauert. Aber diese Fusion ist vollzogen. Sie ist rechtlich eingetragen. Sie ist jetzt Realität, mit der wir uns … also auf die wir uns sozusagen einzustellen haben. Da muss man jetzt nicht irgendwie befürchten, dass da irgendwie was wieder auseinanderknallt. Es gibt niemanden, der in diese Richtung denkt und arbeitet. Wir haben aber in der Tat ein Problem. Und das Problem gibt es dadurch, dass es einen Vorstand … dass ein Vorstand gewählt worden ist, Anfang des Jahres, wo wir dachten oder einige dachten, das ist vielleicht ganz salomonisch Hälfte:Hälfte aus den beiden bisherigen Vorständen und ein paar neue Gesichter. Das hat aber einfach nicht funktioniert. Die Chemie stimmte nicht. Da hat man, ich will nicht sagen, gegeneinander gearbeitet. Aber es war eben das Vertrauen nicht da, das Verantwortungsbewusstsein nicht da, die Verlässlichkeit nicht da. Drei Dinge, die ich ganz wichtig finde für so eine Arbeit und solche Aufgaben. Und wenn ein Team in so einer Organisation nicht ordentlich zusammenarbeiten kann, dann habe ich eben gedacht, ist es das schlauste, wenn man die Mitgliedschaft, den Mitgliedern, dem Souverän in diesem Verband die Chance gibt, ein neues Team an die Spitze zu stellen. Deswegen habe ich dem Vorstand vorgeschlagen, kollektiv zurückzutreten. Der Vorstand ist mir in diesem Punkt einhellig gefolgt. Und so werden wir voraussichtlich im September Neuwahlen für den Vorstand haben. Klar ist aber auch die Mitglieder haben bestenfalls am Rande von alldem was mitbekommen. Die Mitglieder erwarten von uns eine anständige Rechtsberatung, eine anständige Steuerberatung, eine anständige Berufsberatung, eine anständige Versorgung mit Weiterbildungsangeboten. Gerade jetzt in der Corona-Krise war es außerordentlich wichtig, persönliche Beratungsangebote zu machen, weil viele Leute einfach vor der existenziellen Krise stehen. Wir haben das, wie ich finde, glänzend hinbekommen. Wir haben jede Menge Beratungsangebote persönlich gemacht. Wir haben sie per Videokonferenz gemacht. Wir haben sie mit großen Seminaren des Bundesverbandes zusammen gemacht, haben gleichzeitig aber auch das Verbandsleben weiterlaufen lassen. Also es ist …
[0:05:58]
Jörg Wagner: Aber dennoch ist es passiert, Christian.
Dr. Christian Walther: Ja.
Jörg Wagner: Es gab diesen Rücktritt und er steht ja meist am Ende eines Konflikts und ist das Zeichen, dass hier eben nur ein Neustart helfen kann, wie man so bei einem Computer, wenn man mal schnell …
Dr. Christian Walther: Ein Restart.
Jörg Wagner: …einen Restart – genau – macht. Wieso gab es keinen anderen Weg? Ihr seid alles wortgewaltige Menschen, rhetorisch begabt und auch sensibel.
[0:06:17]
Dr. Christian Walther: Du da kommen einfach Leute zusammen mit unterschiedlichen Biografien, mit unterschiedlichen Erwartungen. Da mussten auch möglicherweise Enttäuschungen verarbeitet werden. Es war ja für einige Mitglieder dieses fusionierten Verbandes eine große Überraschung, dass ich mich da durchgesetzt habe als Vorsitzender. Andere hatten erwartet, dass sie sich durchsetzen. Das sind so Sachen, die dann möglicherweise da reinspielen. Aber ich finde, wir müssen da gar nicht viel groß rein geheimnissen, weil niemand das dann so auf den Tisch legt, was alles dazu geführt hat, dass Jede/Jeder sich dann individuell so verhalten hat, wie das Verhalten war. An einem bestimmten Punkt muss man einfach analytisch sagen: Es ist für den Verband nicht förderlich, wenn diese Truppe in dieser Konstellation das so weitermacht. Es ist förderlich für den Verband, wenn ein neues Team aufgestellt wird und das befördere ich jetzt mit Energie. Und ich denke, dass wir dann in etwa acht Wochen auch schon ein bisschen klarer sehen, wo es längst geht.
[0:07:15]
Daniel Bouhs: Das Leaken, das Durchstechen von Informationen oder ganzen Dokumenten wie E-Mails ist ja meist das letzte Mittel, wenn innerhalb eines Systems das Potenzial empfundener Ungerechtigkeit so hoch ist, dass nur Öffentlichkeit helfen kann, ein Prozess zu stoppen oder zu verändern. Also wenn es Missstände gibt. Es gibt aber auch das Motiv der Intrige, was ist in diesem Fall Dein Befund?
[0:07:39]
Dr. Christian Walther: Also, das ist ja das Absurde. Hier hat eine Gruppe eine Mehrheit gehabt im Vorstand für eine Erklärung gegenüber den rbb zu diesem Interview. Das hat einen längeren Prozess davor gegeben, bis es zu dieser Abstimmung gekommen ist. Es ist inzwischen kein Geheimnis, dass ich diese Erklärung in dieser Form nicht unterstützt habe, weil ich eine Menge Fragen dazu hatte, die auf die Art und Weise nicht beantwortet worden sind, weil ich wollte, dass die Betriebsgruppe, die Kollegen des Journalistenverbandes, in Redakteursausschuss, Freienvertretung, Personalrat an diesen Formulierungen dann auch beteiligt werden, wenn man so eine Erklärung schon abgibt. Das hat‘s so noch nicht gegeben. Deswegen stand ich dem distanziert gegenüber. Ich frage mich auch – und haben die Kollegen gefragt, ob es den unsere Aufgabe ist, jetzt so als Medienkritiker aufzutreten. Und wenn es so wäre, warum haben wir dann nicht in den vergangenen Monaten zu vielen anderen Anlässen innerhalb, wie außerhalb des rbb … also ich sage mal die Kampagne von Bild gegen Drosten, ich sage mal bei der Berliner Zeitung die Frage, wie kann es sein, dass da ein Artikel über eine Firma des Eigentümers plötzlich auftaucht und solche Geschichten, warum haben wir da nie etwas gesagt? Warum hat auch sozusagen der eine Verband, dessen Vertreter jetzt so gedrängt haben, warum haben wir in den vergangenen Jahren nichts gesagt? Warum haben sie nichts gesagt, als Kalbitz im letzten Jahr und im vorletzten Jahr in einem vergleichbaren Setting interviewt worden ist oder in den drei Jahren davor Gauland? Das war mir alles nicht klar. Deswegen hatte ich da eine gewisse Distanz. Dass dann aber, wenn man eine Mehrheit hat, ein Papier, aus dem sich überhaupt nicht ergibt, dass da irgendjemand einen Dissens hat, weitergereicht wird mit der zusätzlichen Erläuterung, da gab es aber einen Dissens und der Vorsitzender war derjenige oder einer von dreien, die da anderer Auffassung waren, das ist dann schon eher in die zweite Abteilung, nämlich in die Abteilung Intrige einzufügen.
[0:09:35]
Jörg Wagner: Aber die Berichterstattung in der Berliner Zeitung stimmt?
[0:09:42]
Jörg Wagner: Christian?
[0:09:46]
Jörg Wagner: Hallo?
Daniel Bouhs: Da ist die Leitung wohl schon …
Dr. Christian Walther: Hallo? Nein, wir hatten jetzt gerade ein Leitungsproblem.
Jörg Wagner: Ok. Ich dachte, das war eine Bedenkpause, weil ich fragte nämlich gerade, stimmt denn die Berichterstattung der Berliner Zeitung?
[0:09:59]
Dr. Christian Walther: An welchem Punkt?
[0:10:00]
Jörg Wagner: Na, insgesamt. Also, da wird er Ähnliches beschrieben. Also, dass Du auch meintest, man sei kein Medienkritiker im DJV …
[0:10:08]
Dr. Christian Walther: Aja, also in meinem … in meiner Mail an meine Kollegen habe ich gesagt, wir sind in der Regel keine Medienkritiker. Das heißt, es kann natürlich Ausnahmen geben. Die müsste man aber, wie ich finde, vernünftig begründen. Es muss Standards geben, nachdem der Journalisten-Verband die Arbeit ja von Kollegen kritisiert und bewertet und beurteilt. Die konnte ich jetzt nicht erkennen. Was mich auch ein bisschen gestört hat an dem Bericht war eigentlich, dass ich dem Kollegen Renner meine Begründung quasi aufdrängen musste. Der war gar nicht daran interessiert zu erfahren, warum ich denn eigentlich Bedenken hatte. Aber das ist ein Seitenaspekt. Das passiert einem im Journalismus ja häufiger.
[0:10:48]
Jörg Wagner: Das können wir gleich lösen.
Daniel Bouhs: Und wir haben Kai-Hinrich Renner auch in der Leitung, Medienjournalist inzwischen bei der Berliner Zeitung. Sie haben, wie beschrieben, ja auch interne Depeschen, E-Mails aus dem Vorstand zu gespielt bekommen und dann über diesen Vorgang berichtet. Wie stellt sich denn Ihnen, sozusagen als der Rechercheur mit dem Blick von außen die Lage in dem Verband dar?
[0:11:13]
Kai-Hinrich Renner: (Lacht) Das scheint ein relativ desolater Landesverband zu sein. Ich habe das große Glück, in einem anderen Mitglied sein zu dürfen: DJV Hamburg. Da hab‘ ich solche Vorgänge noch nie erlebt. Und ich finde es geradezu grotesk, wenn sich Journalisten darüber beklagen, dass interne Information oh Gott, oh Gott, oh Gott an die Öffentlichkeit kommen. Hallo, Herr Kollege Walther, das ist unser Beruf, ne? Und wenn es Sie trifft, Pech gehabt. Und wenn Sie sagen, Sie hätten mir Ihre Begründung aufdrängen müssen … völliger Unsinn. Also ich habe mehrfach hinter Ihnen her telefoniert. Und ich denke, ich habe auch alles gebracht, inklusive Ihres höchst fragwürdigen Satzes, dass sich Journalisten nicht vom Verfassungsschutz sagen lassen, wen sie interviewen lassen und wen nicht. Also mal abgesehen, dass der Verfassungsschutz …
Dr. Christian Walther: Warum fragwürdig?
Kai-Hinrich Renner: … dass der Verfassungsschutz niemandem verbietet, Rechtsextremisten zu interviewen. Also ich glaube, da hat auch niemand gegen was. Die Frage ist, wie man es macht. Und ich glaube, ein wichtiger Punkt auch, Sie haben jetzt gesagt Journalisten sind keine … also der DJV in Berlin ist kein Medienkritiker: d’accord. Ich denke aber nur, es gibt Fälle, wo man vielleicht doch mal die Stimme erheben muss. Und ich glaube, da sind sie in Berlin ziemlich isoliert. Und damit meine ich Sie persönlich, weil Ihr Verband hat es ja dann getan, wenn Sie sich angucken: Der DJV Bundesverband, dessen Pressesprecher hat dieses Interview kritisiert. Er hat gesagt, das sei Harmoniesauce statt Konfrontation. Also alle haben das kritisiert. Und zwar zu Recht, weil sie haben jetzt ein paar Fälle aufgezählt, wo vielleicht auch Kritikwürdiges passiert ist bei uns in der Berliner Zeitung den Fall Centogene, dann die Drosten-Kampagne von Bild. Aber hier geht es um etwas anderes. Wir reden über Rechtsextremismus. Und Rechtsextremismus ist eines der dringendsten Probleme dieses Landes. Ich fürchte, ich muss Sie sogar noch daran erinnern: Wir hatten rechtsextremistische Anschläge hier in Halle, in Hanau. Wir hatten den Mord an Walter Lübcke. Und hier wird, wenn Sie so wollen, der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus in einem Larifari-Sommerinterview interviewt. So geht das nicht. Da müssen sich Journalisten zu äußern. Und ja … also ich fand das wirklich extrem bemerkenswert, was in Ihrem Verband, also sprich: was Sie da produziert haben, bzw. nicht produziert haben. Und von daher, das war natürlich eine Berichterstattung wert. Ganz klar. Und dass hier Dokumente geleakt wurden. Ach Gott. Also wirklich? Wollen Sie sich darüber wirklich beklagen? Also …
Dr. Christian Walther: Hat sich denn jemand beklagt?
[0:13:36]
Jörg Wagner: Bevor, Herr Renner, ich nochmal eine Frage stelle, Christian Walther, Sie dürfen natürlich noch antworten.
[0:13:42]
Dr. Christian Walther: Also, um das mal klarzustellen, Ihnen Herr Renner hat niemanden ein Vorwurf gemacht. Ich jedenfalls nicht. Dass Sie mit Material arbeiten … ich selber habe lange genug im aktuellen hier beim rbb gearbeitet. Ich habe über Jahrzehnte mit solchem Material gearbeitet. Das ist völlig selbstverständlich. Das ändert aber nichts daran, dass der Möglichkeit, die Die dadurch hatten, vorausgegangen ist, das Vertraulichkeit und Vertrauen gebrochen worden ist. Das sind unterschiedliche Ebenen. Das muss man auseinanderhalten. Ansonsten will ich Ihnen auch sagen, wenn Sie sagen, dieser Verband sei desolat. Ich muss Ihnen da leider entgegentreten. Ein kontrovers diskutierender Verband ist kein desolater Verband. Und was die objektiven Leistungsdaten angeht, stehen wir in den vier Jahren, die ich hier überblicken kann und die ich verantworte am besten unter allen Landesverbänden dar. Das erkennt man an der Zahl der Delegierten auf dem Verbandstag, die sich nur bei uns in den letzten Jahren erhöht hat und insofern der Befund, denen Sie da so kühn in die Gegend stellen, ist empirisch nicht zu halten.
[0:14:46]
Daniel Bouhs: Sehr stabil, muss man aber wahrscheinlich auch sagen, ist der Verband derzeit ja nicht. Sonst würde ja der Vorstand nicht zurücktreten.
[0:14:54]
Dr. Christian Walther: Doch der Verband ist so stabil, wie er in 15 Jahren nicht stabil war. Wir könnten uns solche Turbulenzen, wie wir sie jetzt gerade haben – und das will ich ja gar nicht bestreiten, dass das turbulent ist – nicht leisten, wenn wir nicht ein klares Fundament hätten, das wir durch die erfolgreiche Fusion hergestellt haben.
[0:15:11]
Jörg Wagner: Kai-Hinrich Renner, ich habe aber mal eine Frage, insofern … man ist ja als Journalist, wenn einem so etwas zugespielt wird in einer gewissen Konfliktlage, weil man sich ja auch instrumentalisieren lassen kann für Intrigen, für Störfeuer. Die Absicht hinter einer geleakten Information muss ja nicht unbedingt erst einmal auf den ersten Blick erkennbar sein. Wie wägen Sie da als verantwortungsvoller Journalist ab? Wie war das vielleicht zum Beispiel im ganz konkreten Fall jetzt beim DJV Berlin [-JVBB]?
[0:15:38]
Kai-Hinrich Renner: Also es hilft, wenn man weiß, was derjenige, der leakt, damit beabsichtigt. Ne? Wenn man das nicht weiß, ist es schwierig. Ich will jetzt gar nix zu meiner Quelle sagen. Das werden Sie auch verstehen. Aber ich glaube schon, was da beabsichtigt … schon gewusst zu haben, was da beabsichtigt war. Und dann gilt es immer abzuwiegen: Ist das wirklich interessant? Und ich finde die Auseinandersetzung …
[0:16:02]
Jörg Wagner: Ist, wenn ich kurz unterbrechen darf, ist das Interessante, dass man einen Vorstand zum Rücktritt zwingt dadurch?
[0:16:08]
Kai-Hinrich Renner: Das war ja … also ich … das war mir ja überhaupt nicht klar, dass er dadurch zum Rücktritt gezwungen wurde. Ich sehe ein, dass dann in der Folge der Rücktritt möglicherweise unausweichlich war. Aber das sind … das ist … also darüber … wenn … darüber muss ich mir jetzt doch keine Gedanken machen. Ich finde es sehr merkwürdig, wenn ein Vorstand oder bzw. es geht ja gar nicht um den Vorstand, sondern um den Vorsitzenden und zwei weitere Vorstandsmitglieder. Wenn da so lange Hinhaltepolitik gespielt wird, bis es ja schon fast peinlich ist, dass elf Tage nach diesem Sommerinterview erst der Protest des DJV Berlin-JVBB beim rbb eintrifft, also lange, nachdem der rbb ja selber erkannt hat, dass das vielleicht nicht die beste Idee war mit diesem lauschigen Sommerinterview mit Herrn Kalbitz. Christoph Singelnstein hat zurückgerudert, hat gesagt, man hätte sich besser vorbereiten müssen. Man hätte die Expertise des Senders einbringen müssen. Wie gesagt, den Sprecher des Bundesvorstands habe ich bereits zitiert, also im Prinzip die Sache war längst gegessen. Und dann elf Tage später … das ist auch so ein bisschen peinlich, muss man ganz ehrlich sagen. Also das …
[0:17:12]
Dr. Christian Walther: Ja, aber das war mein Eindruck genau auch.
[0:17:14]
Kai-Hinrich Renner: Dass das dann Konsequenzen hat, das ist dann halt eben so.
Dr. Christian Walther: Das war ja auch mein Eindruck. Es war eigentlich alles gesagt …
Kai-Hinrich Renner: Da muss ich mir aber als jemand, der darüber berichtet, nicht sagen: O Gott, o Gott, o Gott, jetzt könnten die alle zurücktreten. Das ist nicht meine Aufgabe.
[0:17:26]
Daniel Bouhs: Christian Walter, vielleicht letzte Entgegnung noch mit Blick auf die Zeit?
[0:17:30]
Dr. Christian Walther: In der Tat … ich komme ja aus der Aktualität. Meine Erwartung ist, wenn ich eine Presseerklärung abgebe, dann muss die sich unmittelbar auf ein Ereignis beziehen. Das Ereignis war am Sonntag. Sonntagmittag ist diese lange Version online gegangen. Sonntag, 19 Uhr 30 ist die Kurzversion in „Brandenburg aktuell“ gesendet worden. Dann passierte in unserem Verband erstmal gar nichts. Am Montag gab es keine Reaktion, am Dienstag bis 17 Uhr nichts. Und dann wurde gesagt, man könnte doch da rüber und müsste auch darüber mal sprechen. Ich erwarte, wenn schon alles gesagt ist durch andere, dass man dann wenigstens einen bestimmten Grad an Originalität in der Stellungnahme hat, dass einem was Neues an Argumenten einfällt. Das war für mich aber nicht erkennbar. Man muss auch sagen, dass das, was nachher beschlossen worden ist, was anderes war, als vorne in den Mails kommuniziert worden ist innerhalb des Verbandes. Also da hat sich auch als bewegt. Aber ich will das noch einmal sehr klar sagen: Ich habe nichts dagegen, dass man kontrovers darüber diskutiert, wie man auf eine bestimmte Sache reagiert. Ich habe nur was dagegen, dass man solche Sachen macht, ohne die Beteiligten auch unseres Verbandes im Betrieb zu fragen und zu beteiligen. Und ich kann es sehr gut ertragen, auch in einzelnen Fragen Mal in der Minderheit zu sein. Kein Mensch hätte je davon erfahren, dass ich eine abweichende Meinung habe, weil die Erklärung, die rausgegangen ist, ist auf einem Briefbogen rausgegangen, wo alle Namen aller Mitglieder des Vorstandes, auch meiner drauf verzeichnet waren. Nur dadurch, dass dann nachträglich gesagt worden ist: Das ist zwar vom Vorstand beschlossen worden, aber der Walther, der hat dagegen stimmt, nur dadurch ist diese Geschichte für Herrn Renner und für alle anderen als Konflikt öffentlich erkennbar geworden.
[0:19:21]
Daniel Bouhs: Wir werden dranbleiben wie der rbb mit, sagen wir mal, kritischen politischen Figuren weiter umgeht. Aber natürlich auch, wie es um den Journalistenverband hier in der Hauptstadtregion bestellt ist. Für den Moment vielen Dank, Christian Walther, dem Noch-Vorsitzenden und dem Medienjournalisten Kai-Hinrich Renner vielen Dank und schönes Wochenende!