Sportradio Deutschland vor Sendestart

Webseite Sportradio Deutschland vor dem Sendestart

Was: muPRO-Schaltgespräch zum Start von Sportradio Deutschland Ende Mai 2021
Wer:
* Erwin Linnenbach, Geschäftsführer Teutocast GmbH, Betreiber vom Sportradio Deutschland
* Daniel Bouhs, Freier Medienjournalist
* Jörg Wagner, Freier Medienjournalist
Wann: Veröffentlicht 08.05.2021, 18:10 Uhr im radioeins-Medienmagazin (rbb) und in einer Kurz-Fassung im rbb Inforadio am 09.05.2021, 10:43/17:43 Uhr


(wörtliches Transkript, Hörverständnisfehler vorbehalten)

Jingle [00:00:06] „90elf. Rund um die Uhr, rund um den Ball und immer vernünftige Musik. 90elf. Dein Fußballradio.“ – „Manchmal kommst du noch vorbei an diesem Klotz aus Beton. Dein Klub hat wiedermal bloß an Erfahrung gewonnen. Kein Bock auf eine weitere verkorkste Saison. Und Fußball ist gar nicht so wichtig.“

Jörg Wagner [00:00:33] „Und Fußball ist gar nicht so wichtig.“, sang „Fettes Brot“ damals beim Programmstart von 90elf, dem Fußballradio im Jahre 2008. Das war nicht der Grund, warum das private Fußballradio 90elf nach knapp fünf Jahren, nämlich 2013, den Sendebetrieb wieder eingestellt hat, weil Fußball nicht mehr so wichtig sei. Obwohl es die nicht unlogische Auffassung wie z. B. beim ARD-Hörfunk gab, dass eine Fußball-Reportage die Leistung eines Fußball-Reporters ist und nicht des Veranstalters, verlor 90elf die Audiorechte an Sport1.

Daniel Bouhs [00:01:08] Die heißeste Ware im Sport ist eben die Fußball-Bundesliga, die DFL, also die Deutsche Fußball-Liga, der Dachverband hatte das kommerzielle Potenzial im Radio bzw. im Audio-Livestream erkannt und vergibt seitdem nicht nur Liverechte im Fernsehen, sondern auch nur für das gesprochene Wort. Mit einem Trick über die gezielte Vergabe der Kommentatoren-Plätze im Stadion, denn das Urheberrecht am Wort der Kommentatoren kann man nicht so einfach aufheben. Aktuell hat dieses Audio-Rechte-Paket Amazon von der nächsten Saison an, aber die ARD, die dann alle Spiele live in Audios-Streams kommentieren wird zusätzlich zur klassischen Konferenz im Radio. Was bringt ein Sportradiosender ohne diese Ware?

Jörg Wagner [00:01:50] Diese Frage geht jetzt an – und damit guten Abend – Erwin Linnenbach, der damals noch bei der Regiocast 90elf mit aufbaute und heute Geschäftsführer ist von Teutocast, Betreiber vom Sportradio Deutschland. Hallo!

Erwin Linnenbach [00:02:02] Hallo, grüß‘ Sie beiden, nach Berlin!

Jörg Wagner [00:02:04] Was bringt nun einem Sportradiosender dies ohne Ware Fußball?

Erwin Linnenbach [00:02:09] Na, ohne Ware Fußball wird es kein Sportradio geben. Also die große Frage ist natürlich, ob man ohne Liverechte einen Sportradio machen kann. Sie haben ja erwähnt, dass die ARD die Sportrechte erworben hat jetzt von Amazon. Der Wechsel wird ja im Sommer stattfinden. Die ARD darf ja aber national gar kein Programm machen. Im Gegensatz zu uns. Und wir werden natürlich über Fußball, auch über Bundesligafußball oder Spitzenfußball immer wieder ganz prominent berichten. Das Sportradio hat aber eine ganz andere Idee. Also, wir glauben, dass der Sport im Leben der Menschen in Deutschland eine ganz wichtige Rolle einnimmt. Also weit über 40 Millionen Deutsche bekennen sich ja zum Sport oder treiben Sport, äußern sich sportinteressiert. Und es gibt natürlich so viele Facetten, die irgendwas mit dem Thema Sport zu tun haben und nicht nur der … der Spitzenfußball, den wir natürlich alle mögen in der Bundesliga.

Jörg Wagner [00:02:59] Wie berichten Sie denn dann über die Fußball-Bundesliga? Gucken Sie fern und kommentieren dann sozusagen aus dem Studio?

Erwin Linnenbach [00:03:04] Ja, wir werden interessante Modelle entwickeln. Das kann ein Beispiel sein. Mein Programmchef, der Alexander Fabian ist gerade dabei, Modelle zu entwickeln auch mit Hörer- Einbindung und und und. Also wie gesagt, die Kampf-Berichterstattung aus dem Stadion glauben wir nicht, dass das die einzige Möglichkeit ist.

Jörg Wagner [00:03:21] Aber das hatte damals – Sie erinnern sich – 90elf abgelehnt, weil man sagte, da würde die Atmo eines Spiels sich nicht plastisch genug vermitteln. Und deswegen ist 90elf damals ja mehr oder weniger krachen gegangen, weil man darauf verzichtet hat, aus dem Fernsehraum quasi das nachzuerzählen.

Erwin Linnenbach [00:03:40] Da hab ich eine andere Erinnerung. Also ich werde auch ganz sentimental bei 90elf …

Jörg Wagner [00:03:44] Das packen wir dann in den Podcast in den Bonustrack. Da hat Florian Fritsche genau das erzählt. Er war damals der Chef des Fußballradios. Sie erinnern sich?

Erwin Linnenbach [00:03:51] Ja, aber das war nicht der Grund, weshalb 90elf eingestellt wurde. 90elf war wahnsinnig erfolgreich. Das war ja etwas völlig neues. Also ich hab damals echt gesagt, das ist die, dass ist audiobasierte Plattform. Das wird die Zukunft des Hörens sein. Hören wird die Gewinnerin der oder der Gewinner der Digitalisierung sein. Wir waren damals sehr, sehr weit mit der Regiocast Digital. Ein Fernsehanbieter hat dann einfach viel, viel mehr Geld geboten. Ich war da ja schon weg. Ich habe nach 20 Jahren meine Tätigkeit beendet bei der Regiocast. Weiß nicht ganz genau, was dann passiert ist, aber es ist schlichtweg am Geld gescheitert. Die DFL hat einfach dem Fernsehveranstalter oder der hat wesentlich mehr Geld geboten als die Regiocast Digital geboten hat. Und nicht wegen Misserfolg. Also ganz im Gegenteil.

Daniel Bouhs [00:04:33] Aber wollen Sie ein Sportradiosender starten ganz ohne Rechte? Wollen Sie denn bei der nächsten Ausschreibung – die ist jetzt noch ein Moment hin, die Rechte-Pakete werden ja immer über mehrere Laufzeiten vergeben – aber wollen Sie dann tatsächlich auch mitbieten? Und wenn ja, wo kommt denn bei Ihnen das Geld her? Die Ware Audio für die Bundesliga wird ja auch immer teurer.

Erwin Linnenbach [00:04:54] Ja, das ist eine Frage, die kommt ein bisschen sehr früh, weil die Rechte sind ja erst mal vier Jahre weg. Also wie gesagt, im Moment liegen sie bei der ARD. Die ARD kann sie nicht wirklich nutzen für nationales Radio. Also wir fangen ja erst an. Vielleicht gibt’s auch noch Möglichkeiten oder Gespräche, dass man die brachliegenden Rechte vielleicht doch erwerben kann oder dass sie weitergegeben werden. Müssen wir mal gucken. Also wir sind jetzt mit den Startvorbereitungen beschäftigt, beschäftigen uns noch nicht mit solchen Fragen, ob wir dann finanziell in der Lage sind. Also wir werden jetzt ja auch viel Geld investieren. Das wird ein 24/7 Sportprogramm. Also bei uns läuft keine Musik, außer oder Musikverbindungen und so. Aber das ist ja keine Musikformat. Das wird ein reines Wortprogramm, das sich 24/7 mit dem Thema Sport in allen Facetten beschäftigt.

Daniel Bouhs [00:05:38] Dabei gibt es doch ganz viel Fanmusik!

Erwin Linnenbach [00:05:40] Das ist z. B. ein schönes Thema für nachts. Da sind wir am Überlegen, ob wir das einbinden. Klar, aber wenn ich von nicht Musik rede, meine ich jetzt also klassisches Radio-Format oder so was sich Musikprogramm oder Musikformat definiert. Und wie gesagt, es ging ums Geld. Also wir investieren jetzt auch viele Millionen in dieses Programm und wir hoffen natürlich, dass wir so erfolgreich sind, dass wir bei der Werbewirtschaft entsprechende Werbegelder bekommen können, um uns zu refinanzieren, step by step wachsen und dann sind wir bei der nächsten Rechtevergabe möglicherweise dabei. Also wir werden ja sehen, ob unser Konzept aufgeht, auch wenn wir nicht im Stadion sitzen, um samstags nachmittags Bundesliga zu machen. Wir machen ja 24/7 in der ganzen Woche Programm.

Jörg Wagner [00:06:22] Genau. Also Sie wollen nicht nur Geld investieren, sondern natürlich auch Geld verdienen. Sie sagten 2005 hier im Medienmagazin am Rande einer Medientagung in Ludwigshafen.

Einspiel [00:06:29] Ja, viele sagen, es geht nur um schnöde Geld. Ich habe damit kein Problem. Tatsächlich, es geht ums schnöde Geld. Es sind privatwirtschaftliche Unternehmen. Da investieren Gesellschafter deswegen, weil sie irgendwann ihr Kapital verzinst haben wollen. Und das ist die Aufgabe eines Unternehmens.

Jörg Wagner [00:06:42] Was haben Sie denn für einen Businessplan? Wie hoch ist das Budget? Und mit welcher Rendite rechnen Sie denn?

Erwin Linnenbach [00:06:48] Wir sind wie jedes ganz normale Unternehmen. Also privates Radio bekommt ja keine Gebühren. Das wissen ja Ihre Hörer. Wir sind natürlich ein ganz normales Unternehmen. Wir investieren, haben eine Vorlaufphase vor uns. Wir gehen davon aus, von drei Jahren. Da werden etliche Millionen Euro investiert. Und dann hoffen wir natürlich, dass wir zum Break Even kommen, so wie jedes Unternehmen einen Businessplan hat. Was nicht so überraschend ist.

Daniel Bouhs [00:07:12] Den haben Sie hoffentlich auch für ein anderes, für den anderen Sender, der demnächst startet: ein Frauenradio. Darüber reden wir auch gleich, vor allem inhaltlich mit einer Ihrer Kolleginnen. Ist das letztlich der Mix aus verschiedenen Spartensendern, der sich rechnet?

Erwin Linnenbach [00:07:26] Ja. Wir würden auch … ich glaube, man muss noch Dimensionen höher gehen. Es passiert ja gerade Revolutionäres. Also wir haben jetzt ja endlich durch die DAB-Entwicklung mit den Geräten, die sich durchsetzen, immer mehr Haushalte haben die Möglichkeit, DAB zu hören. Darüber bekommen wir nationale Programme, also Normalität in Deutschland. Das ist ja bisher sehr auffällig so im internationalen Vergleich mit unserem lokal regionalen Hörfunk über die föderale Struktur. Jetzt sind endlich also special-interest-Programme möglich, die vorher in einem Land wie Sachsen oder … oder Baden-Württemberg oder Saarland gar nicht rentabel hätten aufgebaut werden können. Und jetzt kann man eben gewisse Zielgruppen bedienen, die für die Werbewirtschaft wieder relevant sind. Reden wir wieder über das Geld, wo man erwarten kann, dass sie über die Werbewirtschaft refinanziert sind und daher genau der Mix, den Sie angesprochen haben. Wir bauen ja auch einen nationalen Vermarkter auf. Das ist in Deutschland ein bisher auch so ein schwieriges Thema. Also Radio ist ja bisher eher so genossenschaftlich vermarktet worden und nicht unbedingt marktorientiert. Wir greifen jetzt eben die gesamte Bandbreite der … der Hör-Ökonomie an.

Jörg Wagner [00:08:35] Bleibt noch zu klären: Sie heißen ja Sportradio Deutschland. Gibt’s noch andere Sportarten außer Fußball? Übertragen Sie auch Billard dann oder oder Dart oder oder so was? Das wäre eine Herausforderung.

Erwin Linnenbach [00:08:47] Also Billiard im Radio stelle ich mir ganz spannend vor.

Daniel Bouhs [00:08:50] Ja.

Erwin Linnenbach [00:08:50] Wir haben neulich zufällig die Darts-Weltmeisterschaft gesehen. Da hat ja ein blinder Kommentator berichtet. Das fand ich ein hoch spannendes Thema. Ich habe mir dann auch mal … ich habe auch mal die Augen zugemacht, versucht den zu verstehen, wie er das macht. Also wir erkennen kann, was da wirklich passiert. Ich glaube, dass man über Sport im Radio, so ein tolles Medium in jeglicher Hinsicht, Kino im Kopf erzeugen kann. Ob man jetzt unbedingt so ein ganzes Spiel Billiard überträgt, das übersteigt im Moment meine Fantasie, also weiß ich nicht.

Jörg Wagner [00:09:20] Aber Ihre Fantasie ist … aber Sie müssen doch einen Plan haben. Was haben Sie da noch? Leichtathletik?

Erwin Linnenbach [00:09:24] Wir haben einen Plan. Na, wir werden natürlich … jetzt fängt es ja gleich gut an mit Europameisterschaft, mit der Olympiade. Also da bieten sich natürlich Großereignisse an. Aber wir wollen natürlich auch in den Breitensport. Also Jogging ist Sport, Sport am Arbeitsplatz. Und ob das die Handball … die Handball-Bundesliga ist und so weiter und so fort. Also von den großen Sportereignissen bis hin zu den kleinen: Amateurfußball, Amateursport, Vereinssport gibt es so wahnsinnig viele tolle Themen …

Jörg Wagner [00:09:53] Okay dann …

Erwin Linnenbach [00:09:54] … Sport-Geschichten, Historie und und und.

Jörg Wagner [00:09:56] … bleibt noch der genaue Sendestart. Welches Datum müssen wir uns merken?

Erwin Linnenbach [00:10:00] Ich darf ihn leider noch nicht verkünden, aber Sie haben vorhin Mai gesagt, das ist nicht so verkehrt. Aber es wird ziemlich spät im Mai sein.

Jörg Wagner [00:10:06] Okay. Und dann auf dab+ …

Erwin Linnenbach [00:10:07] Wir starten erstmal das Frauenradio.

Jörg Wagner [00:10:08] … und auf IP-basiertem …

Erwin Linnenbach [00:10:11] Genau.

Jörg Wagner [00:10:12] … Webradio. Gut, vielen Dank. Das war Erwin Linnenbach, der Geschäftsführer der Teutocast und Betreiber des Sportradio Deutschlands und auch des Frauenradios, Daniel.

Daniel Bouhs [00:10:23] Und damit geht’s gleich weiter.








Print Friendly, PDF & Email